Anfrage der Soko Tierschutz zu Pferden aus einem Beweidungsprojekt des NABU
Gemeinsame Antwort des NABU NRW mit der NABU-Naturschutzstation Münsterland
13. August 2021 - Der NABU NRW hat gemeinsam mit der NABU-Naturschutzstation Münsterland zur Kenntnis genommen, dass ein Betrieb, in dem wir in der Vergangenheit drei schwer erkrankte Koniks aus Beweidungsprojekten schlachten lassen mussten, wegen der dort herrschenden Schlachtbedingungen in der Kritik steht. Wir sind bestürzt über die bekannt gewordenen Misshandlungen anderer Tiere durch Mitarbeitende des Unternehmens.
Für die Zukunft schließen wir für uns eine weitere Zusammenarbeit mit der Firma Mecke in Werne aus.
Wir unterstützen die Forderungen der SOKO Tierschutz nach entsprechenden Konsequenzen sowohl für den Betrieb als auch die Branche.
1. Wieviele Tiere hat der Nabu in den letzten 10 Jahren aus welchen Projekten an die Firma Fleischerei Mecke GmbH und/oder ihre Zweigstellen abgegeben?
Die NABU-Naturschutzstation Münsterland hat als landwirtschaftlicher Betrieb Ganzjahresweideflächen mit großen Pflanzenfressern eingerichtet. Die Pferde und Rinder leben ganzjährig draußen und halten die Vegetation im Gebiet möglichst offen. So erfüllen sie eine wichtige Aufgabe bei der Pflege wertvoller Lebensräume.
In den vergangenen zehn Jahren wurden insgesamt drei verletzte bzw. erkrankte Konikponys bei der Firma Mecke in Werne geschlachtet, um den Tieren weiteres Leiden zu ersparen.
2. Aus welchem Grund erfolgten diese Abgaben?
Geschlachtet wurden 2011 eine Stute mit wiederkehrender Hufrehe, 2013 ein Hengst mit starker Sommerräude, die sich trotz Behandlung nicht besserte, und 2015 ein Hengst, der sehr stark lahmte. Nach sorgfältiger Abwägung und in Rücksprache mit Tierärzten und Hufschmied sollten allen drei Tieren weitere Schmerzen und Leid erspart werden.
3. In welchem Zustand befanden sich die Tiere (Schwangerschaft)?
Die Stute war zum Zeitpunkt der Schlachtung nicht trächtig. Alle Tiere waren transportfähig.
Alle Tiere befanden sich zum Zeitpunkt der Tötung in einem Gesundheitszustand, der mit Blick auf die Ganzjahresbeweidung in der Herde als so problematisch angesehen wurde, dass mit Blick auf das Tierwohl entschieden wurde, sie töten zu lassen. Ist dies unumgänglich, ist es Ziel des NABU, das Fleisch der Tiere aus Gründen der Nachhaltigkeit einer Nutzung zuzuführen.
4. Wie wurde sichergestellt, dass die Tiere auch wirklich in Werne getötet wurden?
Sowohl die Stute (2011) als auch der erste Hengst (2013) wurden vom Leiter der Weidetierprojekte der NABU-Station persönlich zum Schlachthof gefahren. Er führte die Tiere aus dem Hänger. In seiner Anwesenheit wurden die Tiere fachgerecht mit einem Bolzenschuss betäubt und anschließend durch Kehlschnitt getötet.
Beim zweiten Hengst (2015) war der Ablauf wie bei den beiden vorher geschlachteten Ponys vorgesehen. Hier kam es jedoch zu einer Änderung des Ablaufs. Als das Pony schon verladen war, erfolgte ein Telefonat mit der Firma, in dem darum gebeten wurde, das Tier zunächst zu einem Reithof zu bringen; die zeitnahe Schlachtung in Werne wurde glaubhaft zugesichert. Es gab aus den vergangenen Erfahrungen keinen Grund Gegenteiliges anzunehmen.
Als Tierhalter liegt uns das Wohl unserer Tiere am Herzen. Hätte Firma Mecke zum damaligen Zeitpunkt bereits in der Kritik gestanden, hätten wir dort nicht schlachten lassen.
5. Zu welchen Preisen wurden die Tiere abgegeben?
Für die Stute erhielt die NABU-Station Münsterland 100 Euro, für die Hengste 175 bzw. 350 Euro.
Fragen und Antworten
Weitere Informationen im Zusammenhang mit der Weidetierhaltung in Naturschutzprojekten der NABU-Naturschutzstation Münsterland.
Wie viele Pferde hat die NABU-Station Münsterland in welchen Projekten?
Aktuell betreibt die NABU-Naturschutzstation Münsterland fünf Ganzjahresweidelandschaften mit insgesamt 19 Pferden (Stand August 2021).
Warum hält die NABU-Naturschutzstation Pferde und Rinder?
Die NABU-Naturschutzstation Münsterland betreibt als landwirtschaftlicher Betrieb Ganzjahresweideflächen mit großen Pflanzenfressern. Die Pferde und Rinder leben ganzjährig draußen und halten die Vegetation im Gebiet möglichst offen. Die Besatzstärke ist an die natürliche Tragfähigkeit der Weideflächen angepasst. Bis auf Notzeiten (Hochwasser, Schnee) versorgen sich die Tiere weitestgehend selbst (Anmerkung: selbstverständlich kontrollieren wir regelmäßig den Zustand der Tiere, füttern wir bei Bedarf zu, stellen ausreichend Leckmasse zur Verfügung und kontaktieren bei Bedarf einen Tierarzt/eine Tierärztin, etc.). Die Rinder und Pferde in Ganzjahresweidesystemen entwickeln mit ihrem natürlichen Fraß- und Komfortverhalten wertvoller Lebensräume. Orchideenreiche Magerrasen oder strukturreiche, halboffene Auenlandschaften lassen sich durch diese Form der extensiven Beweidung erhalten.
In den drei in der Emsaue gelegenen Beweidungsprojekten sowie in der Emmerbachaue soll durch Beweidung mit Rindern und Pferden der Charakter offener Flusslandschaften wieder hergestellt bzw. erhalten werden. Ziel Im fünften Beweidungsprojekt bei Beckum ist der Erhalt einer halboffenen, strukturreichen Magerrasenlandschaft.
Könnte dieses Ziel nicht auch nur mit Hilfe von Rindern erreicht werden?
Aufgrund des unterschiedlichen Fressverhaltens von Rindern und Pferden erzielt man durch den gemischten Einsatz beider Tierarten den aus ökologischer Sicht besten Erfolg. Rinder und Pferde vertragen sich bei ausreichender Fläche hervorragend. Die Tiere werden in einer Dichte von maximal 0,3-0,6 sogenannte Großvieheinheiten pro Hektar gehalten. Das sind auf einer ca. 30 Hektar großen Fläche beispielsweise 20 Rinder inklusive Kälber und 5 Pferde. Aufgrund der Größe der Flächen können sich Pferde und Rinder sinnvoll ergänzen. Eine Mischhaltung führt zu keinerlei Problemen.
Wie stellt der NABU sicher, dass es den Tieren gut geht?
Jeder, der Tiere hält muss selbstverständlich sicherstellen, dass es ihnen gut geht. Der Zustand der Tiere wird regelmäßig durch vor Ort tätige angestellte Landwirte und Mitarbeiter der Station in der Regel täglich überprüft. Die Station stellt sicher, dass ein Mitarbeiter jederzeit erreichbar ist. Zum Schutz der Tiere gegenüber extremen Witterungsbedingungen gibt es ausreichenden Witterungsschutz.
In Krankheitsfällen und bei Verletzungen der Tiere werden die Tiere in Augenschein genommen und bei Bedarf ein Tierarzt/eine Tierärztin hinzugezogen.
Eine Zufütterung findet bei Bedarf, das heißt in der Regel im Winter (zum Beispiel bei Schneelagen, Hochwasser) statt.
Verfügt der NABU über fachliche Expertise bei der Tierhaltung?
Die NABU-Naturschutzstation ist ein landwirtschaftlicher Betrieb und beschäftigt u.a. mehrere Mitarbeiter, die selbst einen landwirtschaftlichen Hof betreiben und über langjährige Erfahrung in der Tierhaltung verfügen.
Was geschieht mit überzähligen Pferden?
Bei Bedarf werden überzählige Pferde grundsätzlich in andere Beweidungsprojekte oder an private Halter abgegeben.
Warum lässt der NABU Pferde überhaupt schlachten?
Pferde werden nicht zum Zweck der Fleischerzeugung gehalten und geschlachtet. Bei Bedarf werden überzählige Pferde grundsätzlich in andere Beweidungsprojekte oder an private Halter abgegeben. Sollten Tiere in einer Art und Weise verletzt oder krank sein, dass sie nicht mit einer hinreichend positiven Prognose behandelt werden können oder an andere Projekte oder private Halter abzugeben sind und dauerhaft leiden müssten, müssen wir sie leider aus Tierschutzgründen töten lassen. Wenn die Tiere noch transportfähig sind, halten wir es als NABU für sinnvoll und geboten, die Tiere der Verwertung zuzuführen. Aus diesem Grund sind in den vergangenen 10 Jahren 3 Pferde aus unserer Haltung auf einem Schlachthof getötet worden.
Warum nicht gesundpflegen?
Es handelt sich immer um eine Einzelfallentscheidung nach einer sorgfältigen Abwägung. Ein Gesundpflegen ist nicht in allen Fällen möglich. Auch eine Abgabe an Dritte ist nicht immer möglich. Manchmal ist ein Beenden des Tierleids durch Tötung die einzige Lösung.
Wer kriegt das Schlachtgeld, was wird damit gemacht?
Das Geld der Schlachtung deckt in der Regel nicht die für diesen Vorgang entstehenden Kosten.
Was ist mit dem zweiten Hengst geschehen, der 2015 geschlachtet werden sollte? Wurde er tatsächlich geschlachtet? Steht er noch auf dem Reiterhof? Wird der NABU zu seinem Verbleib weiter forschen?
Wir gehen davon aus, dass das Tier damals ordnungsgemäß und wie zugesichert zeitnah geschlachtet wurde. Dennoch haben wir eine enstsprechende Anfrage bei Mecke gestellt. Von Seiten der Firma Mecke wurde um einige Tage Zeit zur internen Recherche gebeten.