Kaum mehr als wohlklingende Rhetorik
Natur- und umweltpolitische Bilanz der letzten 5 Jahre
Am 9. Mai wird in Nordrhein-Westfalen ein neuer Landtag gewählt. Das ist für uns Naturschützer zunächst einmal die Chance mit unserer Stimme denen zu einem guten Egebnis zu verhelfen, die das wichtige Zukunftsthema Natur- und Umweltschutz programmatisch gut verankert haben. Da liegt es aber auch nahe, einen Blick auf die zurückliegenden 5 Jahre schwarz-gelber Natur- und Umweltschutzpolitik zu werfen und Bilanz zu ziehen - die dürftig ausfällt: Zwar ist das Engagement von Umweltminister Eckhard Uhlenberg für den Erhalt der Biologischen Stationen in NRW positiv zu bewerten, ebenso wie die geschickte Nutzung von EU-Mitteln für Agrar-Umweltmaßnahmen und Naturschutzprojekte sowie die Einrichtung eines neuen Programms „Lebendige Gewässer“- aber das war es dann auch schon.
Ärgerlich erscheint im Rückblick besonders, dass großen Worten oft keine oder nur unzureichende Taten folgten. So hat das Land im Jahr 2007 vollmundig seinen Beitritt zum Countdown 2010-Prozess und damit einen substanziellen Beitrag zur Minderung des Artensterbens verkündet, es dann aber bei der reinen Rhetorik belassen. Konsequente Maßnahmen etwa in der Agrarpolitik oder beim Flächenverbrauch sind bis heute ausgeblieben, und wenige Einzelaktionen wie das Pflanzen von Alleebäumen konnten nicht verhindern, dass in Nordrhein-Westfalen heute 56 Prozent aller Lebensräume von Tieren und Pflanzen als gefährdet und rund die Hälfte der heimischen Tier- und Pflanzenarten als bedroht eingestuft werden.
Vor allem der anhaltende Artenschwund in einer zunehmend intensiv genutzten Agrarlandlandschaft bereitet Naturschützern in NRW - und im gesamten Bundesgebiet - große Sorgen. Bei Feldlerche und Rebhuhn sind die Bestände teilweise dramatisch eingebrochen, kaum anders sieht es bei Kiebitz oder Wiesenpieper aus. Notwendigen Schritten wie der nachhaltigen Einrichtung ökologischer Vorrangflächen und einem Stopp beim Grünlandumbruch hat sich die Landesregierung weitgehend verweigert und statt dessen die Massentierhaltung und die Biomasseproduktion in ökologisch empfindlichen Räumen subventioniert.
Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für einen effektiven Natur- und Umweltschutz in Nordrhein-Westfalen haben sich in der ablaufenden Legislaturperiode massiv verschlechtert. Das Landschaftsgesetz schöpft längst nicht alle Möglichkeiten aus, die der Bund den Ländern für die Gestaltung einer nachhaltigen Naturschutzpolitik gegeben hat, im Gegenteil: Mitwirkungsrechte wurden beschnitten, die Zerstörung von Natur und Landschaft wurde erleichtert, ehrenamtliches Engagement dagegen deutlich erschwert.
Auch den Entwurf für ein neues Landesplanungsgesetz sowie die vorgesehenen Änderungen beim Naturschutz- und Wasserrecht sieht der NABU ausgesprochen kritisch. Unter dem Deckmantel der Vereinfachung und Entbürokratisierung sollen hier ohnehin kaum ausreichende Umweltstandards abgebaut werden. Ambitionierte Umweltpolitik sieht anders aus.
Die unselige Kombination aus großen Worten und kleinen Taten trifft leider auch auf die Klima- und Energiepolitik des Landes zu. Mit dem Bau neuer Großkraftwerke und wolkigen Vereinbarungen mit Großkonzernen lassen sich Klimaschutzziele nicht erreichen, mit dem Ausbau erneuerbarer Energien und der Kraft-Wärme-Kopplung sowie einer effizienteren Energienutzung hingegen schon - der NABU und andere haben das der Regierung Rüttgers häufig genug mitgeteilt, sind dabei allerdings bislang auf taube Ohren gestoßen.
Alles andere als ein Ruhmesblatt ist auch die Forstpolitik des Landes. Zwei Drittel des Waldes sind nach wie vor geschädigt, und angesichts dieser traurigen Bilanz sind der zunehmende Nutzungsdruck mit der Entnahme wertvoller Althölzer und vor allem der Verkauf von 2.600 ha ökologisch hochwertiger Staatswaldflächen in der Eifel ein Wendepunkt in der NRW-Forstpolitik. Von einer naturnahen Waldwirtschaft mit standortgerechten Waldgesellschaften ist Nordrhein-Westfalen weiter entfernt denn je.
Die grundlegenden Planungen zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie sollten den großen Sprung zu einer ambitionierten Gewässerpolitik bringen. Aber Verschiebungen von Fristen zur Erreichung eines guten ökologischen Zustands der Fließgewässer auf den Sankt-Nimmerleins-Tag und die vorgenommenen „Korrekturen“ im landwirtschaftlichen Bereich lassen daran zweifeln.
Insgesamt hat die schwarz-gelbe Landesregierung Natur- und Umweltschutz als Nischenprojekt begriffen und die notwendige Einbindung in die Forst-, Agrar-, Verkehrs- und Siedlungspolitik nicht vollzogen. Natur- und Umweltschutz ist jedoch eine zentrale Querschnittsaufgabe, die alle politischen Bereiche betrifft - dieser Einsicht muss sich die künftige Landesregierung stellen.
FORDERUNGEN AN DIE NEUE LANDESREGIERUNG
Natur- und Umweltschutz müssen wieder eine höhere und vor allem deutlich erkennbare Priorität in der Landespolitik bekommen.
Deshalb erwartet der NABU NRW von der künftigen Landesregierung vor allem entschlossenes Handeln.
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