Newsticker zum 2. Nationalpark
Aktuelle Entwicklungen zum zweiten Nationalpark in NRW
Neues Gutachten unterstreicht Eignung des Reichswaldes als Nationalpark
20. November 2024 - Während der Bürgerentscheid im Kreis Kleve in vollem Gange ist und alle Wahlberechtigten ihre Unterlagen bereits erhalten haben sollten, verdeutlicht eine wissenschaftlich-basierte, fachliche Einschätzung die Bedeutung des Reichswaldes als potentielles Schutzgebiet. Dies könnte die letzte Chance für Nordrhein-Westfalen sein, das Versprechen eines zweiten Nationalparks, das die Koalition aus Grünen und CDU vor zweieinhalb Jahren gegeben hat, zu erfüllen und gleichzeitig im Rahmen der EU-Wiederherstellungsverordnung eine bedeutende Fläche der Natur zurückzugeben.
Die fachliche Bewertung ordnet ein und hebt hervor:
- Der Reichswald ist ein bedeutendes Beispiel für atlantische Buchenwälder auf sandreichen Böden, die charakteristisch für diese Region sind.
- Das Gebiet besitzt die notwendige Größe und natürliche Beschaffenheit, um langfristig ökologische Prozesse aufrechtzuerhalten und bietet dadurch ideale Bedingungen für einen Nationalpark.
- Es fördert die Biodiversität durch seinen Status als einer der größten zusammenhängenden Altwaldbestände im nordwestdeutschen Tiefland und dient als kritischer Lebensraum für viele Arten mit großen Aktionsradien.
Wenn Sie im Kreis Kleve wohnen, dann stimmen Sie bis zum 11. Dezember 2024 per Briefwahl für die Einrichtung eines Nationalparks im Reichswald und unterstützen Sie so aktiv den Naturschutz und die Einlösung des Koalitionsversprechens.
26. September - Das negative Ergebnis ist angesichts der Haltung der CDU wenig überraschend. Obwohl die CDU auf Landesebene im Koalitionsvertrag einen zweiten Nationalpark in NRW angekündigt hat, stimmte die CDU Fraktion im Kreistag Kleve geschlossen gegen den Antrag. Dass ein Kreistagsabgeordneter der CDU, der gleichzeitig im Landtag sitzt, diesen Kurs unterstützt, stellt die Ernsthaftigkeit der Koalitionsvereinbarungen in Düsseldorf in Frage. Trotz dieses Votums bleibt der NABU NRW entschlossen, sich weiter für die Realisierung des Nationalparks einzusetzen und hofft auf ein positiveres Ergebnis im bevorstehenden Bürgerentscheid.
Von der Landespolitik erwarte der NABU NRW weiterhin nicht nur Wiederholungen von Textstellen offenbar wenig ernsthafter Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag, sondern einen klaren und aktiven Einsatz der politisch Verantwortlichen pro zweiter Nationalpark in Nordrhein-Westfalen.
17.090 Stimmen für den Reichswald
22. Juli - Mit der Abgabe von 17.090 Stimmen für den Nationalpark Reichwald hat das Bürgerbegehren den nächsten Schritt gemacht, um eine zweite Abstimmung im Kreistag zu erwirken. Dann wird noch einmal darüber entschieden, ob der Reichswald Nationalpark wird, oder nicht.
Die Initiative Internationalpark Reichswald hat als Bündnis von Heimat- und Naturschutzvereinen und Bürger*innen beiderseits der deutsch-niederländischen Grenze, die sich für einen grenzüberschreitenden Nationalpark im Bereich „Reichswald – Koningsven – Mookerheide“ einsetzen Unterschriften gesammelt. Für ein erfolgreiches Bürgerbegehren mussten mindestens 10.601 gültige Unterschriften gesammelt werden. Übergeben wurden am Montag den 22. Juli 17.090 Unterschriften - und somit ausreichend Stimmen, um eine zweite Abstimmung im Kreistag zu veranlassen.
Für alle, die sich weiter informieren wollen, gibt es die Website zur Initiative Nationalpark Reichswald. Hier geht es um Hintergründe, Argumente und Erklärungen, was ein Nationalpark für Natur und Menschen in unserer Region bedeuten würde: https://nationalpark-reichswald.de/
11. Juli - Die Egge wurde als möglicher zweiter Nationalpark in den Kreisen Höxter und Paderborn bereits abgelehnt. Aktuell ist der Reichswald im Kreis Kleve der letzte verbliebene Kandidat. Um die Umsetzung des Nationalparks am Niederrhein voranzutreiben, wurde auch hier ein Bürgerbegehren gestartet. Die NABU-Landesvorsitzende, Dr. Heide Naderer, ruft nun alle Bürger*innen im Kreis auf, das Bürgerbegehren der Initiative Internationalpark Reichswald zu unterstützen und noch bis zum 19. Juli pro Nationalpark in der Region zu stimmen.
„Nationalparke sind ein zentrales Instrument zum Erhalt der Natur, der Artenvielfalt und unserer aller Lebensgrundlagen. Das Thema geht uns alle an und wir alle müssen uns dazu positionieren“, so Naderer weiter. Deswegen rufe der NABU NRW die Bürger*innen im Kreis Kleve dazu auf, sich aktiv für die Einrichtung eines zweiten Nationalparks in Nordrhein-Westfalen auszusprechen, insbesondere für den Nationalpark Reichswald.
Absage für "Nationalpark Egge" auch aus Paderborn
17. Juni - Auch im Kreis Paderborn haben sich Bürgerinnen und Bürger gegen einen Nationalpark in der Egge entschieden. „Das ist ein schwarzer Tag für den Naturschutz in Nordrhein-Westfalen, denn es wurde eine große Chance vertan, eine wichtige Weiche für den Erhalt und Schutz unserer biologischen Vielfalt im bevölkerungsreichsten Bundesland zu stellen“, erklärte Dr. Heide Naderer, Vorsitzende des NABU Nordrhein-Westfalen.
Einen Hoffnungsschimmer für mehr Naturschutz gibt es aktuell auf EU-Ebene: Hier haben die EU-Mitgliedsstaaten heute im Umweltrat dem EU-Renaturierungsgesetz zugestimmt. Damit ist der Weg frei für ein weltweit einmaliges Gesetz zur Wiederherstellung der natürlichen Lebensgrundlagen. Dazu braucht es in Deutschland eine ambitionierte Umsetzung auf nationaler Ebene und folgend in den Bundesländern.
Bürger*innen stimmen gegen einen Nationalpark Egge
15. Juni - Bürgerinnen und Bürger im Kreis Höxter haben sich gegen einen Nationalpark in der Egge entschieden. „Mit großer Enttäuschung haben wir das heute für den Kreis Höxter bekannt gegebene Ergebnis des Bürgerentscheids zur Einrichtung eines Nationalparks Egge zur Kenntnis genommen“, sagte Lukas Stemper, stellvertretender Vorsitzender des NABU Nordrhein-Westfalen. Damit sei zwar eine weitere Nationalparkplanung im Kreis Höxter ausgeschlossen, ein zweiter Nationalpark Egge in der Region aber weiterhin möglich. „Wir hoffen nun auf das Ergebnis des Bürgerentscheids in Paderborn. Sollte dies positiv ausfallen, muss die Landesregierung zügig weitere Schritte unternehmen, um noch in dieser Legislaturperiode einen zweiten Nationalpark in NRW zu etablieren“, so Stemper weiter.
Die mehrheitlich ehrenamtlich getragenen Nationalparkinitiativen haben in den einzelnen Gebieten große Anstrengungen unternommen, über die Vorzüge und die Bedeutung von Nationalparks aufzuklären. In zahlreichen Dialogveranstaltungen wurden Zielkonflikte identifiziert und Lösungen diskutiert. Jetzt ist es an der Zeit, dass politische Entscheidungsträger auf dieser Grundlage aufbauen und konsequent Maßnahmen umsetzen, um unsere Lebensgrundlagen nachhaltig zu schützen.
Der NABU NRW erwartet, dass die nordrhein-westfälische Landesregierung die Umsetzung des im Rahmen der nationalen Biodiversitätsstrategie 2020 festgelegten Ziels von zwei Prozent Wildnisfläche nun zügig vorantreibe. Denn die Wildnisgebiete, die im Wesentlichen durch die Kernzonen der Nationalparke gestellt werden, umfassen bis heute bundesweit knapp 0,6 Prozent der Landesfläche, in Nordrhein-Westfalen sind es mit der Kern- und Entwicklungszone des Nationalpark Eifel gerade einmal 0,28 Prozent. Auch mit einem positiven Ausgang des Bürgerentscheids in Paderborn und der Einrichtung eines Nationalparks dort bleibt also noch einiges zu tun.
NABU NRW fordert Tempo beim zweiten Nationalpark
Dass Schutzgebiete, die der Natur komplett überlassen bleiben, für die biologische Vielfalt unbezahlbar sind, ist unstrittig. „Prozessschutz“ nennen Ökolog*innen diesen Ansatz, weil hier natürliche Prozesse ungestört ablaufen. In Deutschland darf die Natur nur auf ganz wenigen Flächen so ungestört walten. Selbst in Naturschutzgebieten, auf Natura-2000-Flächen und in fast allen anderen Schutzgebieten greift der Mensch massiv ein und bewirtschaftet die Flächen meist mehr oder weniger „normal“ weiter. Dabei ist es höchste Zeit, dass auch wir unserer Verantwortung für die biologische Vielfalt gerecht werden - und zwar hier vor Ort.
Weil viele bedrohte Tier-, Pflanzen- und Pilzarten nur in Wildnisflächen geeigneten Lebensraum finden, hat die Bundesregierung bereits 2007 in der Nationalen Biodiversitätsstrategie vorgesehen, dass bis 2020 auf zwei Prozent der Landesfläche Wildnis entstehen soll. Dieses Ziel hat Deutschland spektakulär verfehlt – bislang sind es nur rund 0,6 Prozent. NRW bildet dabei das unrühmliche Schlusslicht unter allen Bundesländern. Hier genügt bislang lediglich die Kernzone des Nationalparks Eifel und damit noch nicht einmal 0,2 Prozent der Landesfläche den Kriterien für eine Wildnisfläche im Sinne der Biodiversitätsstrategie.
Dabei bietet auch NRW genug Raum für Wildnisflächen wie die „Wildnisstudie NRW“ von NABU und BUND aus 2022 belegt. Fazit der Studie: NRW hat durchaus das Potenzial, zwei Prozent der Landesfläche als Wildnisgebiete zu entwickeln!
Aber nicht nur zahlreichen Arten und Lebensgemeinschaft bietet sich mit einem Nationalpark eine bessere Möglichkeit langfristig bestehen zu können, sondern auch die Gesellschaft profitiert davon. Gerade im einwohnerreichem, dichtbesiedelten und durch Infrastruktur geprägtem NRW sehnen sich weite Teile der Bevölkerung nach einem Kontrast hierzu. In einem Nationalpark kann für Lebensgemeinschaften ein geschützter Raum geschaffen werden, der gleichzeitig die Bedürfnisse der Gesellschaft nach Erholung und Naturerlebnis sowie erfüllen kann. Auch bieten Nationalparke Bildungsangebote, um die zahlreichen Interaktionen zwischen Natur, Umwelt und Gesellschaft besser verstehen zu lernen.
Sicherlich bringt ein Nationalpark für die entsprechende Region gewisse Veränderungen mit sich. Viele Menschen begrüßen es einen so bedeutenden Naturraum in ihrer Umgebung zu haben, wohingegen andere Teile der Bevölkerung gewisse Vorbehalte haben oder persönliche Einschränkungen befürchten.
Gesamtheitlich betrachtet bringt ein Nationalpark zahlreiche Vorteile für die Region – so profitieret beispielsweise Tourismus und andere lokale Wirtschaftszweige und führen zu einer nachhaltigen Entwicklung der Region. Andere, welche in unmittelbarer Umgebung der potentiellen Nationalpark Region wirtschaften und Leben, befürchten Nachteile und persönliche Einschränkungen durch einen Nationalpark. Viele dieser Sorgen dürften sich allerdings als unbegründet erweisen oder können in einem partizipativen Planungsverfahren individuell berücksichtigt werden. Im Folgenden sollen gängige Vorbehalte beantwortet werden, um diese Bedenken bereits im Vorfeld zu beantworten.
Auswirkungen eines Nationalparks auf das Naturerlebnis
Ein Nationalpark soll den Schutz von Lebensraum und Arten gewährleisten. Wird dadurch das persönliche Naturerlebnis in der Region beeinträchtigt?
Geltende Regelungen eines Nationalparks sind darauf ausgelegt negative Beeinträchtigungen der Tier-und Pflanzenwelt zu vermeiden, jedoch auch gleichzeitig Besucher*innen ein hochwertiges Naturerlebnis bieten können. Beispielsweise kann der Befürchtung einer Einschränkung des Zugangs entgegnet werden, dass ein Nationalpark in Deutschland für jeden kostenlos zugänglich ist. Weder ist ein Nationalpark umzäunt, noch mangelt es an Wanderwegen. Im Gegenteil - die Begehbarkeit und Erlebbarkeit sind zentraler Bestandteil des Nationalparkkonzepts. Dies spiegelt sich auch in einem sorgfältig ausgebauten und für Besucher*Innen gewarteten Wegenetz wieder. Geführte Touren, Informationstafeln und Infrastruktur für Besucher*Innen steigern darüber hinaus die Naturerlebnisqualität.
Der Unterschied zu bisherigen Erlebnismöglichkeiten der Region wird auch weiterhin dadurch verringert, dass Flächen für die Ausweisung ohnehin einen überwiegenden Anteil an Naturschutzgebiets-Qualität (BNatSchG §24 (1)) haben müssen und dann dementsprechend auch bereits mit diesem Schutzstatus und den zugehörigen Bestimmungen versehen sind. Am Beispiel der Egge lässt sich dies bestätigen – hier sind über 70% der Fläche bereits als Naturschutzgebiet ausgewiesen.
Regeln und Gebote
Ein Nationalpark bringt gewisse Regelungen und Restriktionen mit sich. Wie sehr sind dadurch persönliche Freiheiten der Besucher*innen oder der lokalen Bevölkerung beschränkt?
Wie bereits oben beschrieben dienen Gebote und Restriktionen dem Schutz des Lebensraums und deren Artengemeinschaften. Einige davon sind ohnehin bereits gültig, da die Gebiete möglicher Nationalparks in weiten Teilen bereits diversen Schutzkategorien mit entsprechenden Verhaltensregeln zugeordnet sind. Konkrete Verbote wären beispielweise die Vermeidung von übermäßigen Lärm, offenes Feuer, Leinengebot für Hunde, Entnahme von Pflanzen, Tieren oder Pilzen oder Wege nicht zu verlassen.
Diese Regelungen stellen keine übermäßigen Beeinträchtigungen dar und werden von einer großen Mehrheit der lokalen Bevölkerung auch als sinnvoll bewertet, wie diese Studie über die Akzeptanz des Nationalparks Eifel belegt.
Auf individueller Ebene, vor allem für Menschen in unmittelbarer Umgebung eines Nationalparks, können einige Verbote ein gewisses Maß an Beeinträchtigung bedeuten. Beispielsweise könnten Sammler*Innen von Pilzen oder Beeren sich durch ein derartiges Verbot eingeschränkt fühlen. Da die Nationalparke allerdings in weiten Flächenteilen an andere Waldflächen anschließen, sind Alternativflächen im lokalen Umfeld in der Regel gegeben.
Auswirkungen auf die Region
Wird die Region in den Gründungsprozess eines Nationalparks mit einbezogen?
Die Ausweisung eines Nationalparks durchläuft zahlreiche Phasen bei der auch eine Beteiligung der Bürger*innen Teil des Prozesses ist. Hier können ganz individuelle Themen der lokalen Bürgerschaft vorgebracht und in der weiteren Entwicklung des Nationalparks berücksichtigt werden.
Mit Blick auf den anderen Nationalpark NRWs, den Nationalpark Eifel, lässt sich festhalten, dass die Landesregierung bewusst kein fertiges Nationalparkkonzept bei der Ausweisung vorgelegt hat, sondern eine Beteiligung der Region und damit auch der lokalen Bevölkerung angestrebt hat. Ergebnisse dieser Beteiligung wurden in die Nationalparkverordnung integriert. Darüber hinaus ist die Region bei zukünftigen Entscheidungen, so verankert in der Nationalparkverordnung, einzubeziehen.
Wie ist die regionale Akzeptanz für Nationalparks ausgeprägt?
Auch hier liegt wieder eine Betrachtung des Nationalparks Eifel, als einzigen weiteren Nationalpark in NRW, nahe. Bezugnehmend auf die empirische Studie „Die Akzeptanz des Nationalparks Eifel bei der lokalen Bevölkerung“ lässt sich festhalten, dass die überwiegende Mehrheit der Region dem Nationalpark positiv gegenübersteht. Anzumerken ist jedoch, dass viele der lokalen Bevölkerung das Gefühl hatten der Nationalpark wurde den „[…]Einheimischen von außen aufgezogen“. Hier muss die Unterscheidung zum aktuellen Nationalparkprozess angemerkt werden, welcher anders als der Nationalpark Eifel, noch kein definiertes Zielgebiet hat. Dieses soll direkt von den einzelnen Regionen vorgeschlagen werden, wodurch die lokale Einbindung noch weiter gestärkt wird.
Wie beeinflusst ein Nationalpark die lokale Landwirtschaft?
Die potentiellen Zielgebiete der Nationalparkausweisungen in NRW sind allesamt mehrheitlich Waldflächen, wodurch kein Einfluss für landwirtschaftliche Flächen besteht. Regelungen und Nutzungsvorschriften enden an den Nationalparkgrenzen, einen Umgebungsschutz, der Einfluss auf angrenzende Landwirtschaft hätte, gibt es nicht. (mehr Informationen)
Weiterhin ist anzumerken, dass der Nationalpark keine negativen Auswirkungen auf anliegende Flächen haben soll. Mit den Entwicklungszielen des Nationalparks ist auch ein Wildtiermanagement verbunden, wodurch Wildschäden in und um den Nationalpark vermieden werden.
Generell ist landwirtschaftliche Nutzung in Teilen eines Nationalparks nicht per se ausgeschlossen, sie darf nur dem Schutzzweck des Gebietes nicht entgegenstehen. Da die meisten Nationalparke in Deutschland Entwicklungsnationalparke darstellen, ist langfristig, innerhalb von 30 Jahren, ein Flächenanteil von 75 Prozent aus der Nutzung zu nehmen. (mehr Informationen)
Wie beeinflusst ein Nationalpark die lokale Forstwirtschaft?
Die potentiellen Nationalparkflächen befinden sich auf Staatswaldgebiet. Privat- und Körperschaftsforste sind vom Prozessschutz im Nationalpark also nicht betroffen und können ihre Flächen weiterhin wirtschaftlich nutzen.
Befürchtungen über sich vom Nationalpark ausbreitende „Schädlinge“ sind nicht haltbar. Fichtendominierte Flächen werden im Laufe der Entwicklungsphase des Nationalparks verschwinden, wodurch großflächige Borkenkäfer Kalamitäten nicht von den Nationalparkflächen ausgehen werden. Darüber hinaus ist in Managementplänen von Nationalparks ein dauerhaftes Monitoring der Wälder verankert. Damit kann mit entsprechenden Maßnahmen reagiert werden, um die natürliche Entwicklung im Nationalpark sicherzustellen und gleichzeitig angrenzende Flächen vor negativen Einflüssen zu bewahren. Hierzu zählt in der Regel auch ein aktives Wildmanagement.
Wie beeinflusst ein Nationalpark die Jagd?
Eigentlich sollten Nationalparks im Kern einer natürlichen Entwicklung unterliegen. Hierzu gehören auch sich selbstregulierende Wildtierbestände. Bei Nationalparks in Deutschland wird zum Erreichen der Entwicklungsziele und unter Rücksicht auf angrenzende Kulturlandschaften in der Regel aktives Wildtiermanagement betrieben.
Jagdliche Maßnahmen sind somit in der Entwicklungszone ständiger Teil des Managements und werden auch in den Kernzonen bis zum Erreichen des Entwicklungsziels (30 Jahre) durchgeführt.
Die Vorsorge vor Wildschäden an benachbarten Flächen wird ebenfalls im Managementkonzept berücksichtigt. Die Jagd wird durch die Nationalparkverwaltung und durch private Jäger*innen ausgeübt.
Im konkreten Fall der aktuell potentiellen Nationalparkflächen, bei denen die überwiegende Fläche zum Staatswald zugehörig ist, werden die jagdlichen Zielsetzungen bereits durch die Forstverwaltungen vorgegeben. Somit ist auch nach der möglichen Ausweisung als Nationalpark mit keinen großen Änderungen zu rechnen, da auch hier die Ziele der Waldentwicklung die Jagdvorgaben bestimmen werden.
Werden für die Nationalparkgründung private Flächen beansprucht?
Manche Menschen fürchten, dass die Einrichtung von Nationalparks zu einem Verlust persönlichen Eigentums oder traditioneller Nutzungsrechte führt. Klare Vereinbarungen, Entschädigungen und die Einbeziehung der betroffenen Gemeinschaften in Entscheidungsprozesse können solche Bedenken ansprechen.
Im Normalfall werden keine privaten Flächen für eine Nationalpark-Neuausweisung beansprucht. Die wenigen Ausnahmen sind einvernehmlicher Flächentausch oder bei Verkaufsinteresse der Ankauf durch den Staat. Aussagen, dass eine Nationalparkausweisung in Richtung Enteignung gehe entsprechen schlicht nicht den Tatsachen.
Aktuelle Pläne für Nationalpark-Neuausweisungen beziehen sich nahezu vollständig auf Staatswaldflächen. Für Privat- und Körperschaftswälder ist dementsprechend nicht mit Einschränkungen zu rechnen.
Kritikpunkte an der Ausweisung eines zweiten Nationalparks
„Wir haben bereits eine gesunde Biodiversität vor Ort. Im Naturpark sind die Arten geschützt und trotzdem kann noch Holzwirtschaft betrieben werden. Warum sollte man diesen Status ändern?“
Die Kriterien eines Naturparks oder ähnlichen Schutzkategorien unterscheiden sich nicht grundlos von denen eines Nationalparks, sondern spiegeln sich in den Schutzzielen wider. Strebt man im Naturpark eine naturverträgliche Nutzung des Gebietes an, so ist im Nationalpark vornehmlich die Trennung von Nutzung und Naturentwicklung ein zentrales Konzept.
Der Schutzfokus ist also ein völlig anderer. Naturparks eignen sich um Bewirtschaftung mit ökologischen Zielsetzungen zu verknüpfen und eine gewisse Kooperation hierfür zu schaffen. Diese Art des Landschaftsschutzes kann durchaus Vorteile für den Artenschutz bieten. Ein ganz entscheidendes Kriterium für die Unterscheidung sind allerdings die Artengruppen und Lebensgemeinschaften, die von der jeweiligen Schutzgebietskategorie profitieren. Wohingegen einige Arten von naturverträglicher Bewirtschaftung profitieren können, benötigen andere Lebensräume und Strukturen, die in ausreichender Qualität und Quantität nur in Wildnis-ähnlichen Strukturen vorkommen. Gerade diese Arten sind in unserem Kulturlandschaft dominierten Land selten, was alleine an den Flächenanteilen von Nationalparks (0,6% der Landesfläche) versus Naturparks (27,9% Landesfläche) deutlich wird.
Die Bedeutung von Nationalparken für die Biodiversität steht außer Frage – sie sind praktisch die einzigen Flächen in NRW, welche die notwendige Qualität für großräumige Wildnisgebiete (1000ha. für Waldgebiete bzw. 3000ha „Wild Europe Initiative“) mitbringen können.
„Ein Nationalpark schadet dem Klima“
Ein häufig aufgeführtes Argument von Nationalparkgegner*innen ist, dass alte, ungenutzte Wälder weniger CO2 binden als Wirtschaftswälder. Die komplexen CO2 Bilanzen lassen sich nicht so pauschal beschreiben – hierbei kommt es auf weitere Faktoren an. Fest steht, dass alte Wälder eine weit höhere Biomasse und damit auch C-Speicherung haben als junge Wälder, welche wiederum durch hohen Biomasse Zuwachs ein hohes CO2 Senkenotential bieten. Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass alte Wälder ohne wirtschaftliche Nutzung höhere C-Vorräte besitzen, aber nur wenig weiteren Kohlenstoff binden, da auch ein gewisser Teil durch Zersetzungsprozesse umgesetzt wird. Aus dieser Betrachtung sind jedoch die Prozesse der unteririschen C-Anreicherung ausgeklammert. In Wäldern befindet sich etwa die Hälfte des Kohlenstoffvorrats unterirdisch (Boden/Wurzeln) und eine C-Anreicherung findet auch noch in alten Wäldern statt, was zu einer positiven CO2 Bilanz führt.
Wie effektiv das Senkenpotential von jungen, produktiven Wäldern tatsächlich ist, hängt auch stark von der Nutzung ab. Wird Holz als langlebiges Produkt verwendet und damit die Nutzung von anderen Materialien mit schlechter CO2-Bilanz vermieden (CO2-Substitutionseffekt) ist die Wirkung als CO2 Senke am größten. Die Realität ist allerdings, dass etwa 30% des Waldholzes bzw. ca. 20% des Derbholzes direkt in die energetische Nutzung geht, wodurch dieses Potential deutlich geschmälert wird.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass nicht genutzte Wälder durch ihren hohen C-Speicher in unterirdischer und oberirdischer Biomasse auch für das Klima eine wichtige Rolle spielen und zusammen mit Wäldern mit starkem Senkenpotential allein aus Klimagesichtspunkten ihre Daseinsberechtigung haben. Nimmt man die Vorteile des Artenschutzes noch hinzu und vergleicht dies mit den Zahlen der tatsächlichen Flächenverteilung (0,6% der Landesfläche für NLPs), sollte klar werden, dass ein Nationalpark mit seinen Prozessschutzflächen dringend benötigt wird.
„Ein Nationalpark ist unökonomisch“
Einzelne Interessensverbände versuchen auch ökonomische Argumente gegen Nationalparke vorzubringen. Hier werden gerne Zahlen präsentiert und ein ökonomischer Wert des Waldes bei der Bewirtschaftung präsentiert, welcher in der Praxis gar nicht realistisch ist. Da Staatswaldflächen einen weitaus größeren Anspruch erfüllen sollen, ist eine wirtschaftliche Nutzung jedes einzelnen Festmeters Holz gar nicht möglich - hier würden andere Ansprüche, die ein Staatswald zu bedienen hat (z.B. Erholungsfunktion) gar nicht mehr erfüllt werden können.
Gleichzeitig werden dem gerne Kosten gegenübergestellt, die ein Nationalpark, inklusive Verwaltung verursacht. Dass diese Kosten durch die Einnahmen, die ein Nationalpark mittels Tourismus und Branding generiert, nicht nur gedeckt werden, sondern zu der wirtschaftlichen Entwicklung einer ganzen Region führen, bleiben hierbei gerne unerwähnt. Durch eine monetäre Bewertung der weiteren Ökosystemfunktionen ließe sich die ökonomische Bewertung eines Nationalparks sogar noch weiter steigern.
„Ein Nationalpark ist unökologisch“
Bei der Auseinandersetzung mit Positionen der Nationalparkgegner stößt man in den Berichterstattungen teilweise auf gravierende Falschaussagen, welche Einfluss auf die regionale Meinungsbildung haben können. Teilweise stellt sich die Frage, ob Kritiker mit uninformierten Aussagen an die Öffentlichkeit treten oder bewusst Falschaussagen getroffen werden, um für die eigene Position zu werben.
So ist beispielsweise in einer lokalen Zeitung zu lesen, dass anfallendes nicht genutztes Totholz auch für den Naturschutz problematisch sein soll - das Gegenteil ist der Fall. Seit Jahren setzen sich Naturschutzverbände für höhere Totholzanteile in Wäldern ein. Zahlreiche Arten der Waldlebensgemeinschaften sind auf Totholz angewiesen und ein erhöhter Anteil ist aus Naturschutzsicht durchweg positiv zu bewerten.
Auch die Behauptung, dass Totholz durch Zersetzung negative Folgen für das Klima hätte, ist zumindest eine suggestive Vereinfachung von Tatsachen. Zum einen ist Totholz Bestandteil des Kohlenstoffkreislaufs des Waldes – was hier freigesetzt wird wächst auch wieder nach. Zum anderen sei erwähnt, dass in unseren Breitengraden die Zersetzungsprozesse vergleichen mit tropischen Regionen extrem langsam sind, wodurch Totholz hier über mehrere Jahrzehnte als Kohlenstoffspeicher bestehen bleibt. Die Behauptung der Klimaschädlichkeit von Totholz lässt sich noch weiter entkräften durch die Tatsache, dass alte Wälder, trotz eines Gleichgewichts zwischen Wachstums- und Zerfallsphase mehr CO2 binden als sie emittieren.
Vorteile eines Nationalparks
Was für positive Effekte kann ein Nationalpark mitbringen?
Ein Nationalpark erfüllt viele Funktionen - ein ganz zentraler Aspekt ist der Schutz der Natur, aber genauso steht die Verbindung von Mensch und Natur im Vordergrund, also das Schützen unseres Naturerbes und es gleichzeitig für alle erlebbar zu machen. Darüber hinaus sind weitere Vorteile:
- Eine der wenigen Möglichkeiten größere Flächen einer natürlichen Entwicklung zu überlassen (à 2% Wildnisziel NBS)
- Einzigartige Möglichkeiten für Forschung rund um natürliche Dynamiken
- Bildungsmöglichkeiten über die heimische Natur
- Erholung und Freizeitmöglichkeiten durch Wanderungen oder andere Aktivitäten in der Natur
- Zunahme des Tourismus mit Profit vieler lokaler Wirtschaftszweige mit neuen Arbeitsplätzen und einer Stärkung der regionalen Entwicklung
Warum ist ein weiterer Nationalpark in NRW wichtig?
Ein Nationalpark bietet die einzigartige Möglichkeit großflächige natürliche Gebiete zu bewahren und gleichzeitig dem Menschen zugänglich zu machen.
Deutschland hat sich mit der nationalen Biodiversitätsstrategie zum Ziel genommen 5% der Wälder langfristig aus der Nutzung zu nehmen bzw. 2% der Landesfläche als Wildnisentwicklungsgebiete zu sichern.
Auch auf Landesebene sind diese Ziele zu realisieren. Aktuell ist das Land NRW noch weit entfernt diese Flächenanteile zu erreichen. Zwar gibt es zahlreiche kleine Einzelflächen, welche unter Prozessschutz stehen, das einzige großflächige, zusammenhängende „Wildnisgebiet“ befindet sich im Nationalpark Eifel. Mit einem flächenmäßig bedeutenden Nationalpark käme das Land seinen Verpflichtungen entscheidend näher.
Weitere Informationen zum Nationalpark:
- Wissen & Verstehen - Egge Nationalpark (egge-nationalpark.de)
- Informationsseite zu Nationalparken in Deutschland
- FAQ Pro Nationalpark (Steigerwald)
- Wildnis (BfN)
- Jagd und Wildtiermanagement
- Landwirtschaftliche Nutzung
- Forstwirtschaft
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