Kyrills 'Spätfolgen'
NABU befürchtet nach Klausner-Urteil riesige Kahlschläge
20. März 2013 - Sechs Jahre nach Kyrill drohen sowohl dem Landeshaushalt als auch dem nordrhein-westfälischen Staatswald massive Spätfolgen. Der österreichische Holzkonzern Klausner verlangt 100 Millionen Euro Schadensersatz und das Einhalten der vereinbarten Holzlieferungen. So muss das Land Nordrhein-Westfalen nach einem Urteil des Oberlandesgerichtes Hamm vom Dezember vergangenen Jahres die vertraglich vereinbarten 500.000 Festmeter Frischholz jährlich wie vereinbart bis 2014 liefern. Die Lieferungen sind auch einzuhalten, obwohl die Kapazitäten des nordrhein-westfälischen Staatswaldes mit 200.000 Festmeter weit darunter liegen. „Auch ohne Klausner-Vertrag sind die Einschläge schon an der Grenze des ökologisch vertretbaren“, so Heinz Kowalski, Sprecher des NABU-Landesfachausschusses Wald in NRW. Der NABU befürchte nun massive ökologische Folgen durch noch höheren Holzeinschlag bis hin zu großflächigen Kahlschlägen. Das Land müsse alles tun, um den drohenden Ausverkauf des Staatswaldes zu verhindern.
Hier stehe die rot-grüne Landesregierung in der Verantwortung, auch wenn die missliche Situation aufgrund unverantwortlicher Verträge der schwarz-gelben Vorgängerregierung entstanden sei. Erst Ende Oktober 2011 habe der Staatswald NRW das FSC-Siegel für nachhaltige und naturverträgliche Wald-Bewirtschaftung erhalten. Umweltminister Remmel habe anlässlich dieser Auszeichnung den ´Vorbildcharakter, in punkto Ökologie, Ökonomie und Soziales bei der Bewirtschaftung unserer Wälder´ betont. So hätten ´unsere Wälder nur dann eine Zukunft, wenn wir in unserem Handeln stets alle drei Aspekte berücksichtigen´ würden. Diese Ansprüche gelte es nun auch weiterhin umzusetzen.
In diesem Zusammenhang kritisierte der NABU insbesondere das Schweigen, in das sich Land und der Landesbetrieb Wald und Holz nach dem Urteil hüllen würden. „Nicht nur der NABU, vermutlich auch viele Bürger Nordrhein-Westfalens dürfte es interessieren, was das Land nun vor hat“, so Kowalski. Entweder gehe das Land jetzt in Revision zum Bundesverwaltungsgericht oder es verhandele mit Klausner über Abstandszahlungen. Das Prinzip der nachhaltigen Waldwirtschaft im nordrhein-westfälischen Staatswald dürfe jedoch auf keinen Fall aufgegeben werden. Dieser sei schließlich nicht nur ein wichtiges Wirtschaftsgut, er gehöre darüberhinaus allen Bürgern und diene in wesentlichen Teilen neben dem Natur- und Klimaschutz deren Erholung und Freizeitgestaltung.
Nach den verheerenden Sturmschäden durch den Orkan Kyrill im Jahr 2007 hatte der damalige Landesumweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) mit dem Klausner-Konzern langfristige Verträge über die Lieferung von jährlich 500.000 Festmeter Frischholz bis 2014 vereinbart, und zwar zu einem vergleichsweise niedrigen Preis zwischen 75 bis 85 Euro pro Festmeter. Nach den Aufräumarbeiten stehen aber nur noch 200.000 Festmeter jährlich in den Staatswäldern zur Verfügung. Außerdem ist der Festmeterpreis inzwischen auf rund 95 Euro geklettert. Der Landesbetrieb Wald und Holz stellte deshalb die Lieferungen an Klausner 2009 ein. Dagegen hatte das Unternehmen geklagt.
Für Rückfragen:
Heinz Kowalski, Sprecher des NABU-Landesfachausschusses Wald, mobil: 0160-8856 396
Kurz nach Veröffentlichung der Pressemeldung erhielt der NABU NRW folgende Information aus dem Umweltministerium zu den aktuellen Entwicklungen im Fall Klausner:
Ernüchternde Bilanz fünf Jahre nach Kyrill
Weihnachtsbaumkulturen statt Mischwälder | Chance für naturnahe Wiederbewaldung im Privatwald wurde vertan
13. Januar 2012 - Fünf Jahre nach den verheerenden Schäden durch den Orkan Kyrill zieht der NABU NRW eine eher ernüchternde Bilanz der Wiederaufforstungsmaßnahmen in den vom Sturm betroffenen Wäldern Nordrhein-Westfalens. „Wie damals befürchtet haben die privaten Waldbesitzer trotz der vom Umweltministerium erarbeiteten Empfehlungen für die Wiederbewaldung der Orkanflächen wider besseren Wissens aus rein wirtschaftlichen Gründen erneut auf die Fichte gesetzt“, sagte Josef Tumbrinck, Vorsitzender des NABU NRW.
Die Anreize des staatlichen Förderprogrammes hätten nicht ausgereicht, die Aufforstung mit Laub- und Mischwald tatsächlich attraktiver werden zu lassen. Während der Staatswald mittlerweile beispielhaft vorangehe, hätte man in den nordrhein-westfälischen Privatwäldern die Chance vertan, den Grundstock für eine naturnahe Waldentwicklung zu legen, der auch zukünftigen klimatischen Anforderungen gerecht werde.
Besonders erschreckend sei in NRW zudem die dramatische Zunahme der Weihnachtsbaumkulturen auf den vom Orkan verwüsteten ehemaligen Waldflächen. „Nach uns vorliegenden Hinweisen sprechen wir da von einer Größenordnung von mehreren 1000 Hektar, die für eine naturnahe Waldentwicklung und zukünftige Holznutzung verloren sind“, so der NABU-Landeschef. Hinzu käme auf diesen Flächen der problematische Einsatz von Pestiziden wie beispielsweise Glyphosat, die bislang im Wald nicht eingesetzt wurden. Hier sei das Land gefordert, die Ausmaße der entstandenen Weihnachtsbaumkulturen genau zu beziffern und dafür Sorge zu tragen, dass dieser faktische Verlust von Waldflächen rückgängig gemacht wird und zukünftig eine Umwandlung von Wald in solche Sonderkulturen nicht mehr möglich sei.
„Grundsätzlich muss der Umbau der nordrhein-westfälischen Forstbestände in Dauermischwälder endlich auf einer breiteren Basis erfolgen als bisher. Sie sind stabiler, ökologisch wertvoller und widerstandsfähiger gegen Stürme und Klimaveränderungen“, so Tumbrinck.
Für Rückfragen:
Josef Tumbrinck, Vorsitzender NABU NRW, mobil: 0171 3867379
Aus Kyrill wenig gelernt
Chance für naturnahe Wiederbewaldung wird vertan
18. Januar 2008 - Ein Jahr nach den verheerenden Schäden durch den Orkan Kyrill sind die Aufräumarbeiten in den nordrhein-westfälischen Wäldern zu 80 Prozent abgeschlossen und die ersten Aufforstungen haben stattgefunden. Der NABU NRW befürchtet, dass private Waldbesitzer trotz der vom Umweltministerium erarbeiteten „Empfehlungen für die Wiederbewaldung der Orkanflächen in Nordrhein-Westfalen“ und wider besseren Wissens weiterhin auf schnellwüchsige Nadelholzarten wie Fichte und Douglasie setzen werden. Solange es trotz staatlicher Unterstützung doppelt so teurer sei Laubwald statt Nadelwald aufzuforsten, würden die Empfehlungen der Landesregierung völlig versagen, Fehler der Vergangenheit wiederholt und die Chance vertan, einen naturnahen Wald zu entwickeln, der auch den klimatischen Anforderungen der Zukunft gerecht werde. Das Land müsse für den Privatwald endlich klare Vorgaben machen und vor allem seine Förderrichtlinien überarbeiten. Zur Pressemeldung →
NABU fordert Zukunftsplan Wald
Auswirkungen des Klimawandels bei der Bewältigung der Sturmschäden berücksichtigen
26.03.2007 - Anlässlich der morgen von der Landesregierung anberaumten Regionalkonferenz Südwestfalen, auf der eine aktuelle Lageeinschätzung zu den von Kyrill verursachten Waldschäden erfolgen und der Handlungsbedarf geklärt werden soll, hat der NABU NRW Umweltminister Uhlenberg erneut auf die aus seiner Sicht erforderlichen Schritte hingewiesen und einen Zukunftsplan Wald gefordert. "Wir erwarten, dass das Umweltministerium Grundlagen für eine moderne Forstwirtschaft erarbeitet, die den durch den Klimawandel geänderten Anforderungen an eine Brennholzproduktion und eine ökologische Waldwirtschaft im Staatswald gerecht werden", so Josef Tumbrinck, Vorsitzender des NABU NRW. Hierzu böten die großflächigen Sturmschäden eine einmalige Chance. "Was wir nicht brauchen ist schneller Aktionismus, wie er sich insbesondere zum Thema Wiederaufforstung andeutet."
Ziel: Gesunde Mischwaldbestände
Der Zukunftsplan Wald müsse vor allem klären, auf welchen Standorten die Buche als prägende mitteleuropäische Laubbaumart auch weiterhin Zukunft hat und wo über andere heimische Arten wie die Traubeneiche nachgedacht werden müsste. Auch den Einsatz von gebietsfremden Baumarten wie der Douglasie lehne der NABU nicht grundsätzlich ab, hier sei aber sehr überlegtes Handeln erforderlich. "Wichtig sei die großflächige Wiederherstellung gesunder Mischwaldbestände aus möglichst einheimischen Laub- und Nadelbaumarten", erklärt Tumbrinck. Experimente mit fremdländischen Arten, wie beispielsweise der Küstentanne seien aus Sicht des NABU dagegen wenig sinnvoll. Wo Schäden in FFH-Gebieten und Schutzgebieten entstanden seien, müsse zudem die Frage gestellt werden, ob auf den Staatswaldflächen die Chance genutzt werden sollte, einzelne Flächen nicht wieder aktiv aufzuforsten, sondern diese vollständig der Natur zu überlassen.
Kritisch sieht der NABU die Überlegungen zur Finanzierung der nach dem Landesforstgesetz vorgeschriebenen Wiederaufforstungen. "Für die Wiederaufforstung von Flächen nach Sturmschaden mit Nadelholz Ausgleichsgelder zu verwenden entspricht nicht dem vorgesehen Zweck dieser Gelder und wäre gesetzeswidrig", so der NABU Landesvorsitzende. Dies würden die Naturschutzverbände so nicht hinnehmen. Zudem müsse überlegt werden, wie und mit welchen Baumarten zukünftig der Brennholzbedarf bei Schaffung einer Win-Win Situation für Ökonomie und Ökologie gedeckt werden könne. Der aus all diesen Überlegungen entwickelte Maßnahmenkatalog für den Staatswald müsse dann in Empfehlungen für den Privatwald münden. "Wir sind uns sicher, dass sich diese Gedanken auch den Waldeigentümern vermitteln lassen, besteht deren Sorge ja auch zunächst darin, Schäden zu beseitigen und zukünftig zu verhindern", sagt Tumbrinck.
Obstwiesen berücksichtigen
Außerdem bekräftigt der NABU seinen Appell an Minister Uhlenberg, die dringend erforderlichen Nachpflanzungen auf den ebenfalls von Kyrill stark geschädigten Obstwiesen zu unterstützen. Auch hier müsse im nächsten Winter eine Kraftanstrengung erfolgen, um die Wiesen schnell wieder zu begründen. Leider seien aber die Fördermittel für den Naturschutz im Jahr 2007 auf Null gesetzt worden. Tumbrinck: "Es ist dringend erforderlich, diese Mittel ab dem Haushalt 2008 generell wieder für Maßnahmen des Naturschutzes aufzustocken und für ein Sonderprogramm Obstwiesenschutz davon mindestens 100.000 Euro bereitzustellen. Unsere NABU-Gruppen stehen mit ihren Ehrenamtlichen für die Nachpflanzungen zur Verfügung."
Obstwiesen regional stark geschädigt
NABU NRW fordert Wiederanpflanzungsprogramm
28.02.2007 - Nicht nur der Wald in NRW ist vom Orkan Kyrill schwer geschädigt, auch die Obstwiesen hat es regional massiv getroffen. Eine vom NABU NRW initiierte Umfrage hat ergeben, dass regional bis zu 30 Prozent der alten Obstbäume entwurzelt wurden. Der NABU forderte Umweltminister Uhlenberg anlässlich einer Sitzung des Umweltausschusses auf, den Obstwiesenschutz ebenfalls zu berücksichtigen und ein Wiederanpflanzungsprogramm zu unterstützen. In der Vergangenheit konnte eine solche Hilfsmaßnahme für die Natur aus dem Förderprogramm Naturschutz finanziert werden. Ehrenamtliche haben dann die Pflanzaktionen durchgeführt. Diese Mittel sind aber komplett gestrichen worden. Zur Pressemeldung →
mehr zum Obstwiesenschutz in NRW→
Mehr Natur im Wald zulassen
Sturmschäden in NRW-Wäldern als Chance sehen
25.01.2007 - Anlässlich der Sturmschäden in nordrhein-westfälischen Wäldern, fordert der NABU NRW die Landesregierung auf, nicht nur ökonomische Gesichtspunkte, sondern auch ökologische Aspekte bei der zukünftigen Ausrichtung der Forstwirttschaft zu berücksichtigen. "Den Waldbauern jetzt schnelle und unbürokratische Hilfe zuzusagen, wie dies Minister Uhlenberg getan hat, ist eine Sache, großflächige Aufforstungen mit schnellwachsenden Hölzern zu fordern, ist ein Rückfall in alte Denkmuster, von denen wir gehofft haben, dass sie längst überwunden wären", erklärt Josef Tumbrinck, Vorsitzender des NABU NRW. Vielmehr sollte man die Sturmschäden als Chance begreifen, auf Staatswaldflächen endlich die Weichen für eine naturnahe Waldentwicklung zu stellen. mehr →
Mehr zum Thema Wald und Klimaschutz
Strukturreiche Mischwälder mit verschiedenen Baumarten und Altersstadien sind besser gerüstet für den Klimawandel als monotone Nadelwaldforste. Um unsere Wälder fit zu machen für den Klimawandel muss die Stabilität des Ökosystems Wald zukünftig Priortät haben. Mehr →