Landschaftsgesetznovelle 2007
Naturschutzverbände bezeichnen Gesetz als nicht zeitgemäß
23.04.2007 Trotz der Forderung von NABU und BUND an Umweltminister Eckhard Uhlenberg, die geplante Änderung des Landschaftsgesetzes zu stoppen und den Entwurf zurückzuziehen, wurde die Novelle vom Landtag verabschiedet. Das neue Landschaftsgesetz trat am 05.07.2007 in Kraft. Damit wird der Naturschutz in NRW um 30 Jahre zurückgeworfen, es droht ein "beispielloser umweltrechtlicher Kahlschlag": Mitwirkungsrechte werden massiv beschnitten, Zerstörungen von Natur und Landschaft erleichtert, ehrenamtliches Engagement torpediert. Die Novelle dient lediglich dazu, die Interessen der Landwirtschaft im Landschaftsgesetz zu verankern, sie enthält ausschließlich Verschlechterungen für Natur und Landschaft und wird einer zukunftsweisenden Umweltpolitik ganz und gar nicht gerecht.
Dabei bliebe der eigentliche Novellierungsbedarf unberücksichtigt, kritisieren BUND und NABU. Denn eine „echte Novellierung“ des Landschaftsgesetzes sei aus ihrer Sicht längst überfällig: So verlangen die Anforderungen an den Schutz der Artenvielfalt auf EU-Ebene eine entsprechende Überarbeitung der gesetzlichen Vorgaben auf Landesebene. Zudem müsse die Eingriffsregelung zu einem wirksamen Kontrollinstrument des Flächenverbrauches entwickelt werden, die flächendeckende Landschaftsplanung müsste durchgesetzt werden und es müssten Vorgaben zur Stärkung einer wirkungsvollen Naturschutzverwaltung getroffen werden. Nicht zuletzt müsse den Vorgaben der EU Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie durch den Ausbau der Verbandsbeteiligung und -klagemöglichkeiten Rechnung getragen werden.
Besonderer Kritikpunkt: Auch den Anforderungen an eine dem Klimawandel angepasste Naturschutzpolitik würde der Entwurf des Landschaftsgesetzes in keinster Weise gerecht. Das Umweltministerium habe zwar anlässlich der Umweltministerkonferenz im März dieses Jahres den Entwurf eines ´Werkstattpapiers Klimafolgenstrategie´ vorgestellt, eine konkrete Umsetzung gerade im Landschaftsgesetz erfolge aber offensichtlich nicht. Im Gegenteil: So sollen beispielsweise deutliche Verschlechterungen im Biotopschutz und beim Aufbau des Biotopverbundssystems festgeschrieben werden. Das sei nicht klimawandeltauglich und damit auch nicht zukunftsfähig, so BUND und NABU. Eine solche Novelle wie die vorgelegte brauche NRW nicht.
Naturschutz in NRW droht Totalausverkauf
Naturschutzverbände fordern Stopp der Landschaftsgesetz-Novelle
22.01.2007 Die nordrhein-westfälischen Naturschutzverbände BUND, LNU und NABU wenden sich mit harscher Kritik gegen die geplante Änderung des Landschaftsgesetzes. Damit werde der Naturschutz in NRW um 30 Jahre zurückgeworfen. Heute forderten die Verbände vor Pressevertretern in Düsseldorf den Landtag auf, diesen "rein ideologisch motivierten Totalausverkauf der Natur" zu stoppen. Trotz einiger gegenüber dem ersten Gesetzentwurf eingearbeiteter Verbesserungen drohe ein "beispielloser umweltrechtlicher Kahlschlag": Mitwirkungsrechte würden massiv beschnitten, Zerstörungen von Natur und Landschaft erleichtert, ehrenamtliches Engagement torpediert. Das Parlament beschäftigt sich am kommenden Mittwoch in erster Lesung mit der Novelle des Landschaftsgesetzes.
Das Parlament beschäftigt sich am kommenden Mittwoch in erster Lesung mit der Novelle des Landschaftsgesetzes. „Aus unserer Sicht ist die geplante Landschaftsgesetznovelle nichts anderes als ein Kniefall der Landesregierung vor der industriellen Agrarlobby und der Wirtschaft“, erklärt Klaus Brunsmeier, Vorsitzender des BUND. „Damit wird der Naturschutz in NRW um 30 Jahre zurückgeworfen.“
Die geplante Abschwächung der Vorschriften zum Biotopverbund sowie zur Eingriffsregelung halten die Naturschützer für fatal. „Der Abbau von naturschutzrechtlichen Regelungen erhöht nicht die Wettbewerbsfähigkeit des Landes NRW“, so Brunsmeier. Vollkommen verkannt würde, dass Natur und Landschaft einen wichtigen Standortfaktor darstellten, der gerade in einem durch Siedlungsentwicklung, Verkehrswege und Versorgungsanlagen besonders belasteten Land wie NRW neben ökologischen auch eine große ökonomische Bedeutung besäße.Weiterer Kritikpunkt der Verbände: Zwingende Vorgaben des EU-Rechts und des Bundesnaturschutzgesetzes würden im neuen Entwurf nicht umgesetzt. In etlichen Fällen bleibe das Landschaftsgesetz hinter den Anforderungen des Bundes- und EU-Rechts zurück. Von einer 1:1-Umsetzung könne daher keine Rede sein.
Enttäuscht zeigen sich die Naturschutzverbände vom fehlenden Bekenntnis gerade dieser Landesregierung zur Pflege und Bewahrung von wertvollen und prägenden Bestandteilen der heimischen Kulturlandschaft wie zum Beispiel Alleen und Streuobstwiesen. „Beides“, so der LNU-Vorsitzende Mark vom Hofe, „kommt in diesem Gesetzentwurf nicht oder nicht ausreichend zum Zuge.“ Streuobstwiesen seien nicht mehr, wie bisher, grundsätzlich unter Schutz gestellt, obwohl viel öffentliches Geld in ihre Anlage geflossen ist. Für Alleen, deren Neuanpflanzung sich der Ministerpräsident auf die Fahnen geschrieben habe, sei noch nicht einmal ein landesweites Kataster vorgesehen, in dem festgeschrieben wird, was Nordrhein-Westfalen in welchem Zustand hat und was neu hinzu kommt.
„So kann man mit dem ehrenamtlichen Naturschutz nicht umgehen.“, sagt Mark vom Hofe. „Ihm einerseits die paar Euro Fördergeld zur Anlage von Krötenzäunen, Vogelhecken und Leitern zur Kopfweidenpflege streichen und andererseits auch noch Alleen und Streuobstwiesen vom generellen Schutz ausnehmen. Das verstehen unsere Ehrenamtler, die am Wochenende ihre wertvolle praktische Arbeit für das Allgemeinwohl verrichten, überhaupt nicht mehr.“ Die nach dem Bundesnaturschutzgesetz anerkannten Vereine BUND, LNU und NABU repräsentieren allein in Nordrhein-Westfalen etwa 370.000 Mitglieder.
Nicht nur Naturschutzstandards, auch die Mitwirkungsrechte der Naturschutzverbände würden mit den geplanten Änderungen des Landschaftsgesetzes unter die Räder kommen. „In Zeiten des Klimawandels und angesichts des galoppierenden Artensterbens setzt die Landesregierung damit ein völlig falsches Signal“, erklärt Josef Tumbrinck, Vorsitzender des NABU NRW. Unter anderem seien nach zähen Verhandlungen zwar Magerweiden und Magerwiesen sowie die natürlichen Felsbildungen in der Liste der geschützten Biotope über den Rahmen des Bundesnaturschutzgesetzes hinaus erhalten geblieben und die Naturschutzverbände sollen auch zukünftig an wasserrechtlichen Verfahren beteiligt werden. Das könne die gravierenden Defizite aber bei weitem nicht ausgleichen. „Der Erhalt der heimischen Artenvielfalt gelingt nicht, indem man Naturschutzstandards abbaut. Als Gastgeber der nächsten Biodiversitätskonferenz 2008 in Bonn erwarten wir von der Landesregierung ein klares Votum für mehr Naturschutz und damit Artenschutz in NRW“, so Tumbrinck weiter.
Sollte der Landtag den Gesetzentwurf nicht stoppen, drohe ganz Nordrhein-Westfalen nach dem Beispiel der so genannten „Modellregion Ostwestfalen-Lippe“ der Rückfall zu einem „naturschutzpolitischen Schwellenland“. Martin Enderle, Sprecher der Stiftung für die Natur Ravensberg in Kirchlengern: „Ostwestfalen-Lippe gilt aus Landessicht als ‚Modellregion für den Bürokratieabbau’. Teile der Landschaftsgesetz-Novelle hat man sich hier ausgedacht und vorexerziert. Mit fatalen Auswirkungen: Durch den Wegfall der Landschaftsbeiräte auf Regierungsbezirksebene und die Aushöhlung von Widerspruchsrechten wurden die bisherigen Umweltstandards massiv ausgehöhlt. Wenn Reformbemühungen im Ergebnis zu einem Kahlschlag im Umweltschutz führen, müssen sie gestoppt werden.“