Forscher beim GEO-Tag der Natur 2017
Wir stellen Ihnen ein Auswahl unserer Experten vor
So vielfältig wie die Natur selbst, sind die Menschen, die sie erforschen. Die Expertinnen und Experten konzentrieren sich auf wenige bestimmte Artengruppen. Sie erkunden ihre Artzusammensetzung, ihre verwandtschaftlichen Beziehungen, ihre Populationsdynamik, ihre Ökologie, ihre Lebensräume und ihre Fortpflanzung. Nicht selten stellt dies ein Lebenswerk dar.
Um ein komplettes Artinventar des UNESCO-Welterbes Zollverein zu erlangen benötigt man viele Forscher aus vielen Fachbereichen. Hier möchten wir Ihnen einige vorstellen…
Dr. Esther Guderley
Flechtenforscherin und Umweltpädagogin des Ruhr Museums
1. Mit welcher Artengruppe beschäftigen sie sich?
Ich beschäftige mich den Flechten. Das sind Pilze, die eine Lebensgemeinschaft mit Algen bilden.
2. Was ist für Sie das Spannende an Ihrem Forschungsschwerpunkt?
Das Spannende ist die Vielfalt der Wuchsorte und Lebensbedingungen, an denen Flechten vorkommen können. Sie wachsen auf Baumrinde, auf Stein, auf Erdboden, Sand, auf Blättern, Glas, Metall und sogar unter Wasser. Sie kommen in der Wüste ebenso vor wie im tropischen Regenwald, an den eisigen Polen ebenso wie mitten im Ruhrgebiet. Flechten sind quasi DIE Überlebenskünstler.
3. Was hat Sie motiviert ehrenamtlich am GEO-Tag der Natur auf Zollverein teilzunehmen?
Gerade die Natur direkt vor unserer Haustür, auf der Industriebrache Zollverein mitten in der Großstadt Essen, hält spannende Entdeckungen für jedermann und auch für Wissenschaftler bereit. Die Industrienatur hat eine sehr große Artenvielfalt zu bieten, die es sich lohnt, zu erforschen.
4. Was würden Sie einem Jungforscher mit auf den Weg geben?
Es ist hilfreich, sich anfangs mit einer überschaubaren Artengruppe zu beschäftigen, so dass man alle Tiere oder Pflanzen dieser Gruppe irgendwann sicher erkennen kann. Und dann geht man am besten einfach raus, hält die Augen auf und sammelt diese Arten oder notiert oder fotografiert sie. Das macht Spaß und garantiert Erfolgserlebnisse.
5. Wären Sie kein Homo sapiens geworden – was wären Sie dann?
…wahrscheinlich eine Bartflechte am Baum, die im Wind weht ;-)
Dr. Götz Heinrich Loos
Botaniker und Biologe an der Ruhr-Universität Bochum
1. Mit welcher Artengruppe beschäftigen sie sich?
Mein Schwerpunkt sind höhere Pflanzen, vor allem kritische Gruppen, die wenige kennen, aber grundsätzlich alle. Ich versuche biogeographisch relevanten Organismen zumindest ansatzweise kennenzulernen und einige auch intensiver zu bearbeiten, also im Prinzip alle Gruppen. Weiterhin beschäftige ich mich intensiv vor allem mit Flechten, Libellen, Heuschrecken und Amphibien.
2. Was ist für Sie das Spannende an Ihrem Forschungsschwerpunkt?
Spannend ist die Natur auf allen Ebenen, vom kleinsten Lebewesen bis hin zur Landschaft. Die Schönheit aller dieser Aspekte ist das Motivierende. Und natürlich, dass es noch unentdeckte Arten gibt, z.B. bei Löwenzahn und Brombeeren.
3. Was hat Sie motiviert ehrenamtlich am GEO-Tag der Natur auf Zollverein teilzunehmen?
Ich habe schon an vielen GEO- bzw. Artenvielfaltstagen teilgenommen, teils als Mitorganisator. Schon beim ersten GEO-Tag im Ruhrgebiet, der im Landschaftspark Duisburg-Nord stattfand, war ich aktiv. Da dies immer tolle Veranstaltungen sind, die sowohl viele Expertinnen und Experten als auch interessierte Laien motiviert, sind diese Tage einfach DIE publikumswirksamsten Events im Rahmen der naturkundlichen Forschung.
4. Was würden Sie einem Jungforscher mit auf den Weg geben?
Immer die Augen auf! Von Anderen lernen und dann die Lücken suchen, die man selbst eigenständig bearbeiten kann.
5. Wären Sie kein Homo sapiens geworden – was wären Sie dann?
Entweder wäre ich ein Löwenzahn oder eine Brombeere oder ein Kolkrabe oder… es gibt so viele faszinierende Lebewesen!
Bernhard Demel
Natur- und Umweltpädagoge im Grugapark und beim RVR
1. Mit welcher Artengruppe beschäftigen sie sich?
Ich beschäftige mich mit Botanik, also höheren Pflanzen und mit Mykologie, also Pilzen.
2. Was ist für Sie das Spannende an Ihrem Forschungsschwerpunkt?
Bei den Pilzen reizt mich die fast unüberschaubare Arten- und Formenvielfalt, ihre Bedeutung im Lebenskreislauf sowie ihre faszinierende Biologie. Oft, gerade auch bei Pflanzen, einfach auch die ästhetische Schönheit.
3. Was hat Sie motiviert ehrenamtlich am GEO-Tag der Natur auf Zollverein teilzunehmen?
Seit Jahren bin ich ehrenamtlich unter anderem für den NABU im Naturschutz tätig. Pilze führen hier leider nur ein Schattendasein. Auf Zollverein habe ich in den letzten zwei Jahren aber auch an einer Pilzkartierung teilnehmen können. Durch persönliche Ansprache bin ich nun zum GEO-Tag der Natur eingeladen worden und hoffe, hier die Kenntnis der Pilze auf Zollverein erweitern zu können und den Pilzen ein wenig öffentliche Beachtung zu verschaffen.
4. Was würden Sie einem Jungforscher mit auf den Weg geben?
Die Beschäftigung mit unseren Interessensgebieten ist, ganz nüchtern betrachtet, leider vielfach eine brotlose Kunst. Jeder, der in diese Fachgebiete einsteigt, muß daher meines Erachtens wirklich mit Herz und Verstand bei der Sache sein, Freude daran haben und bereit sein, vergleichsweise viel Zeit zu investieren. Ich möchte dennoch jeden dazu ermuntern, da Artenkenntnis und ökologisches Grundverständnis für gutachterliche Tatigkeiten im späteren Berufsleben enorm wichtig sind. Es hilft hierbei immer, sich Gleichgesinnten, z.B. dem Arbeitskreis Pilzkunde Ruhr, dem Bochumer Botanischer Verein, oder dem NABU anzuschließen.
5. Wären Sie kein Homo sapiens geworden – was wären Sie dann?
Wahrscheinlich weder Pilz noch Pflanze, sondern eine Libelle – auch diese Artengruppe fasziniert mich. Oder etwas so „exotisch“ erscheinendes wie eine Skorpions- oder eine Kamelhalsfliege – die haben eine noch geringere Lobby als Pilze.
Natur hat kaum eine Lobby und ist doch essentiell für alles. Mich haben Pflanzen und Pilze sowie die Natur allgemein schon als Kind interessiert und fasziniert. „Welche Art ist das?“, wollte ich wissen. Doch da, wo ich viele dieser Arten als Kind kennenlernen konnte, ist ein großer Teil davon heute nicht mehr zu finden. Versiegelung, Eutrophierung, Lebensraumzerstörung usw. ließen auch damals häufige Arten heute fast verschwinden. Dem gilt es entgegenzuwirken; neben praktischen Maßnahmen sind Aufklärung und Sensibilisierung der Menschen durch Öffentlichkeitsarbeit hierzu ganz besonders wichtig. Dazu versuche ich, z.B. am GEO-Tag der Natur, einen kleinen Beitrag zu leisten.
Bernhard Demel
Armin Dahl
Schmetterlingsforscher, Naturschützer und Journalist aus Wuppertal
1. Mit welcher Artengruppe beschäftigen sie sich?
Schmetterlinge (Schwerpunkt Nachtfalter), Mollusken, Vögel (nebenher)
2. Was ist für Sie das Spannende an Ihrem Forschungsschwerpunkt?
Schmetterlinge reagieren besonders empfindlich auf Nutzungs- und Strukturänderungen. Die Artenzahl ist sehr groß mit zahlreichen hochspezialisierten Arten. Und sie sind „schön“!
3. Was hat Sie motiviert ehrenamtlich am GEO-Tag der Natur auf Zollverein teilzunehmen?
Beim GEO-Tag der Natur mache ich schon seit vielen Jahren mit. Am Ruhrgebiet interessiert mich vor allem die Pionier-Fauna auf Halden und Brachen. Diese trockenen und warmen Lebensräume werden viel zu wenig gewürdigt, alle wollen nur noch Wald, Wald, Wald.
4. Was würden Sie einem Jungforscher mit auf den Weg geben?
Such Dir einen Spezialisten in der Umgebung! Nimm Dir Zeit! Und schreib von Anfang an alles auf!
5. Wären Sie kein Homo sapiens geworden – was wären Sie dann?
Eine Eiche. Lebensraum für hunderte von Tierarten zu sein, und das über viele hundert Jahre hinweg, das hätte was! Auch wenn sich mal ein Schwein daran kratzt...
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Für Forscher und Naturbegeisterte: Am Wochenende 17. und 18. Juni 2017 veranstaltet der NABU NRW zusammen mit GEO den zentralen GEO-Tag der Natur unter dem Thema „Stadtnatur“. Termin schonmal vormerken! Mehr →