Flächenverlust in Nordrhein-Westfalen
Film und Beispiele aus NABU-Gruppen
Unser Boden ist ein wertvolles Gut und nicht unendlich. Doch gerade in NRW verschwindet jeden Tag viel Fläche unter Beton - täglich in einer Größenordnung von mehr als 18 Fußballfeldern und dies vor allem zu Lasten von Natur- und Landwirtschaftsfläche. Der Verlust von wertvollen Böden hat dramatische Auswirkungen auf den Natur- und Umweltschutz. Lebensräume von Tieren und Pflanzen werden zerstört. Angrenzende Lebensräume werden zerschnitten, sodass der Austausch von Populationen und die Futtersuche erschwert wird. Langfristig ist der Verlierer die Artenvielfalt.
Zudem wirkt sich der Flächenverlust negativ auf den Grundwasserspiegel, das Mikroklima und damit die Auswirkungen des Klimawandels sowie die CO2-Speicherfähigkeit der Böden aus. NABU-Gruppen in NRW zeigen anhand von lokalen Beispielen den enormen Flächenverbrauch auf:
1. Beispiel: Kevelaer
Flächenverbrauch: 25 Hektar = 34 Fußballfelder
Zwischen Kevelaer und Wetten gehen 25 Hektar an naturrelevanter Fläche und Naherholungsgebiet für Menschen verloren. Entlang der Flüsse Issumer Fleuth und Niers verläuft ein landesweit bedeutsamer Biotopverbund, welcher vom Bau der geplanten Umgehungsstraße OW1 (L486n) zweimal durchkreuzt wird. Zudem wurde direkt angrenzend am Biotopverbund das Industriegebiet Ost entwickelt. In diesem Gebiet befinden sich mehrere Leitlinien geschützter Arten, wie z.B. viele Fledermaus- und Insektenarten, aber auch Steinkauz, Eulen, Kiebitz, Rebhühner und Mehl- und Rauchschwalben leben in dieser noch unzerschnittenen, typisch niederrheinischen Natur- und Kulturlandschaft. Die Auenbereiche entlang von Issumer Fleuth und Niers stellen wertvolle Lebensräume dar, welche das Überleben vieler Arten sichern.
Die Umgehungsstraße OW1 wird durch Natura2000- und FaunaFloraHabitat -Schutzgebiete gebaut und beeinträchtigt naheliegende Naturschutzgebiete wie die Fleuthbenden. Genau entlang der Grenze des Landschaftsschutzgebietes soll zusätzlich das Gewerbegebiet Ost erweitert werden. Für den Bau der Umgehungsstraße werden 17 Hektar Fläche neu versiegelt. Laut Karl Mevissen (Landwirt) sind die besten Ackerböden der Region von der Überbauung betroffen. Weitere acht Hektar an landwirtschaftlicher Fläche werden für den Bau einer 35 m hohen Industrieanlange versiegelt.
Das Gewerbegebiet Ost hätte nach unserer Auffassung niemals in diesem landschaftlich wertvollsten Teil von Kevelaer entwickelt werden dürfen. Eine Stadt und ihre Einwohner brauchen Naherholungsgebiete, schöne Landschaft und Attraktivität auch für den Tourismus, sonst verlieren sie an Lebensqualität.
Claudia Blauert,
NABU Kevelaer
2. Beispiel: Herford
Flächenverbrauch: 30 Hektar = 41 Fußballfelder
Die Gemeinden Kirchlengern und Hiddenhausen in Kreis Herford planen die Erweiterung ihres Gewerbegebietes Oberbehme (47 Hektar) um weitere 30 Hektar. Das Grundstück ist zur Zeit eine große Ackerfläche, die in räumlicher Nähe zur Niederung des Flusses Werre liegt. Die Fläche ist ein
Landschaftsschutzgebiet und von daher ein relevanter Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten. Nach Einschätzung des NABU Herford wurde im bestehenden Gewerbegebiet auf nachhaltige, ökologische und flächensparende Aspekte keine Rücksicht genommen.
Warum werden im dicht besiedelten Kreis Herford die Flüsse, ihre Auen und die daran angrenzenden Flächen nicht endlich wirksam geschützt? Sie sind die wichtigsten und oft die einzigen Verbindungen zwischen den Lebensräumen wildlebender Tiere. Wir fordern, dass die Werre und ihre Auen zwischen Herford und Löhne als Naturschutzgebiet ausgewiesen werden!
Freyja Diebrok,
NABU Herford
3. Beispiel: Oberhausen
Flächenverbrauch: 6 Hektar = 8 Fußballfelder
Die Fläche des ehemaligen Steinkohlebergwerks in Oberhausen haben zahlreiche Tier- und Pflanzenarten zu ihrem Zuhause gemacht. Die eingezäunte Brache der ehemaligen Zeche Sterkrade mit einer Fläche von rund sechs Hektar ist Lebensraum für Kreuzkröten und störungsempfindliche Vogelarten wie den Kiebitz. Die vorhandenen Wasserflächen bilden bedeutsame Biotope für Vögel und sind für die Fortpflanzung der geschützten Kreuzkröte überlebenswichtig. Schotter- und Sandflächen bieten zum Beispiel Reptilien und Insekten passende Lebensräume. Die Brache, die sich derzeit im Eigentum der Ruhrkohle AG befindet, soll der Entwicklung von Wohnbau- und Gewerbeflächen weichen. Der NABU Oberhausen fordert den ökologischen Lebensraum und seine Artenvielfalt zu erhalten.
Die Bergbaubrache Zeche Sterkrade ist für den Arten- und Biotopschutz mit seiner Artenvielfalt und Vorkommen seltener und gefährdeter Arten nicht nur eine der wertvollsten, sondern auch letzten unbebauten, Flächen in Oberhausen.
Ortrud Podworni-Michael,
NABU Oberhausen
4. Beispiel: Rhein-Sieg
Flächenverbrauch (geschätzt): 143 Hektar = 200 Fußballfelder
Im Rahmen des Projekt Rheinspange 553 ist eine neue Autobahnquerstange (A553) als Verbindung zwischen Köln und Bonn in Planung und soll bis 2030 fertiggestellt sein. Der genaue Verlauf der vierspurigen Rheinquerung wurde bislang zwar nicht festgelegt, das Ausmaß des Großprojekts und der bevorstehende massive Eingriff in die Natur werden jedoch schon vorab deutlich. So müsste eine Landfläche von rund 143 Hektar dem Bau der Rheinspange weichen, wodurch eine Zerschneidung von artenreichen Naturschutzgebieten und Biotopverbunden droht. Dieses Flächenfraß-Projekt stellt einen drastischen Eingriff in die Natur dar und eine großflächige Zerstörung einer wertvollen sowie artenreichen Feldflur der Region steht bevor. Hierdurch ist ein Verlust vieler Tier- und Pflanzenarten zu befürchten, der mit keinen Kompensationsmaßnahmen auszugleichen ist.
Wenn diese Variante gebaut würde, wären auf einer Fläche von 200 Fußballplätzen das Feucht- und Kaltluft-Entwicklungsgebiet kaputt und der im Hintergrund stehende Auenwald komplett zerstört! Wenn dies kein überflüssiger Flächenfraß ist.
Birgit Simon,
NABU Rhein-Sieg
5. Beispiel: Köln
Flächenverbrauch: mindestens 3,6 Hektar = 5 Fußballfelder
Die Stadt Köln hat mit ihrem Grüngürtel eine große Fläche an bedeutsamer Stadtnatur. Der äußere Grüngürtel verbindet Naturschutz und zahlreiche Landschaftsschutzgebiete, die sich durch einen Wechsel von Wäldern, Baumreihen, offenen Wiesen und Weihern auszeichnen. Das Grünsystem wird durch schutzwürdige Biotope gestärkt, die sich in dem Biotopverbund NRW vereinen. Die Landschaftsschutzgebiete im äußeren Grüngürtel dienen zur Sicherung des Naturhaushalts und des Grundwasserhaushalts sowie zum Ausgleich des Stadtklimas.
Zahlreiche aktuelle Bauprojekte entlang des Grüngürtels gefährden die ökologische Dienstleistung und setzen Barrieren in das Kölner Grünsystem. Ein Beispiel ist die Erweiterung des RheinEnergieSportpark in Köln Sülz. Der 1.FC Köln möchte 3,6 Hektar des Grüngürtels für die Erweiterung des Sportparks nutzen. Die vorgesehenen Baumaßnahmen haben jedoch negative Auswirkungen auf das Stadtklima, die Natur, die Umwelt, sowie die Gesundheit der Stadtbevölkerung. Bei der geplanten Erweiterung des RheinEnergieSportparks wird mit Wissen um die Auswirkungen der Klimakrise im Ballungsraum Köln eine neue Hitzeinsel in einem Landschaftsschutzgebiet angelegt. Durch die Versiegelung von urbanem Dauergrünland durch Kunstrasenflächen und die Bebauung mit Gebäuden wird das lokale Ökosystem stark beeinträchtigt.
Der NABU Köln fordert den Schutz des gründe Erbes der Stadt und weiterhin den freien Zugang des Naherholungsgebiets für alle Menschen. Es wird für einen landschafts- und klimaneutralen zweiten Standort des Sportparks außerhalb des Grüngürtels plädiert.
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