Niederrhein-Appell zum Stopp des Kiesraubbaus
10 Forderungen an die Landesregierung
29. April 2008 Die Bevölkerung des Niederrheins lehnt einen weiteren Raubbau an der Niederrheinischen Landschaft durch Ausdehnung des Kiesabbaus ab. Von Niederkrüchten bis Kranenburg sind Verbände aktiv geworden und haben sich parteiübergreifend Initiativen gegründet, die den Kiesabbau in der bisherigen Form nicht mehr dulden wollen.
Wir stellen fest, dass sich die Kiesindustrie mit Abgrabungsanträgen in der Regel über gegenläufige Interessen der Bevölkerung hinwegsetzen kann und die Interessen der Kiesindustrie an der Sicherung großflächiger Abgrabungsgebiete nunmehr mit der 51. Änderung des GEP (Gebietsentwicklungsplan) auch landesplanerisch abgesichert werden sollen.
Wir fordern einen nachhaltigen Kiesabbau. Bei Planungs- und Genehmigungsentscheidungen muss in erster Linie der Schutz der Bevölkerung, der Natur und der typischen niederrheinischen Landschaft gewährleistet werden. Verwaltung und Politik müssen berücksichtigen, dass der Kiesabbau zum großflächigen Verlust landwirtschaftlicher Flächen führt, die für die Nahrungsmittelproduktion, für die Produktion von nachwachsenden Rohstoffen und für den Natur- und Artenschutz nicht mehr zur Verfügung stehen. Kiesabbau führt zu einer Zerstörung der Bodendeckschicht, die das Grundwasser vor schädigenden Einträgen schützt. Unserem Trinkwasser, das fast überall am Niederrhein im Gegensatz zu weiten Teilen des Landes noch Grundwasser ist, droht eine massive Verschlechterung.
Die wertvollen und nicht vermehrbaren Ressourcen Kies und Sand müssen vor einem weiteren unverantwortbaren Raubbau geschützt werden. Die in keinster Weise nachhaltige Wirtschaftsweise des Kiesabbaus muss gestoppt werden! Niederrheinischer Kies darf nicht mehr als „Billig-Kies“ verkauft werden, sondern muss als wertvoller Rohstoff anerkannt werden. Die Unterzeichner des Niederrhein-Appells richten 10 Forderungen an die Politik:
Landtag und Landesregierung NRW werden aufgefordert, folgende Punkte mit schnellwirksamen geeigneten Maßnahmen umzusetzen:
1. Grundlage der landesplanerischen Absicherung dürfen nicht die Begehrlichkeiten der Kiesindustrie sein, sondern müssen Mächtigkeit und Qualität der Lagerstätten im Einklang mit den Interessen von Bevölkerung und Natur sein.
2. Der vom Land NRW zu sichernde Bedarf darf ausschließlich diejenigen Mengen an Kies und Sand landesplanerisch absichern, die für Bauvorhaben in NRW verwendet werden. Die Bedarfsfeststellung muss auf Grundlage einer neutralen Prognose erfolgen, die sich nicht am Abbauumfang der letzten Jahre orientiert. Die Menge des größtenteils aus NRW gewinnbringend in die Niederlande exportierten Kieses ist für den landesplanerisch zu sichernden Bedarf nicht entscheidend!
Beim Braunkohlentagebau werden große Mengen an Sand und Kies ungenutzt verkippt. Diese Mengen müssen bei der Bedarfsplanung berücksichtigt werden.
3. Wir fordern die Recyclingquote für genutzte Baustoffe zu erhöhen und bei der Bedarfsabschätzung anzurechnen. Kies und Sand sollten nach Möglichkeit nur dann eingesetzt werden, wenn keine anderen Baustoffe Verwendung finden können.
4. Wir fordern, den Kiesabbau ausschließlich dort zu ermöglichen, wo vorrangige Nutzungen und Interessen von Bevölkerung und Natur dem nicht entgegenstehen, das heißt:
- kein Kiesabbau in Wassereinzugs- und Wasserreservegebieten,
- kein Kiesabbau in Siedlungsnähe,
- kein Kiesabbau in Gebieten zum Schutz von Natur und Landschaft,
- kein Kiesabbau in Überschwemmungsgebieten,
- kein Kiesabbau in kulturhistorisch wertvollen Landschaften.
Dabei sind regionale Summationseffekte besonders zu beachten.
5. Wir fordern, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die Anwendbarkeit des Bergrechts für die Kies- und Sandgewinnung einzuschränken und das Schlupfloch Bergrecht für die Kiesindustrie zu schließen.
6. Durch geeignete Maßnahmen muss sichergestellt werden, dass die Kiesindustrie die durch den Kiesabbau verursachten Ewigkeitsschäden vollständig finanziell ausgleicht und dies z.B. über die Beibringung von Bürgschaften auch für die Zukunft sicherstellt. Bei den Ewigkeitsschäden handelt es sich insbesondere um Wertschöpfungsverluste, die durch den unwiederbringlichen Verlust an landwirtschaftlichen Flächen für die Versorgung der Allgemeinheit entstehen können, um Schäden durch die Zerstörung der Filterfunktion des ausgebeuteten Bodens für die Wasserwirtschaft und um die Kosten, die der öffentlichen Hand bei der dauerhaften Überwachung der verbleibenden Abgrabungsseen entstehen.
Der Regionalrat und die Bezirksregierung werden aufgefordert:
1. als Grundlage der Darstellung einer Fläche in der Reservekarte eine Karte mit allen bereits abgebauten und als BSAB (Bereiche für die Sicherung und den Abbau oberflächennaher Bodenschätze) dargestellten Bereichen zu verwenden. Anders kann eine Summationswirkung nicht erkannt und ein fachgerechtes Planaufstellungsverfahren nicht gewährleistet werden.
2. Neuaufschlüsse grundsätzlich abzulehnen.
Die Kreistage, Stadt- und Gemeinderäte und Landräte und Bürgermeister werden aufgefordert:
1. den Einsatz von Recyclingbaustoffen zum Ersatz von Kies zu fördern.
2. mit dem Instrument der Landschaftsplanung landschaftlich wertvolle Bereiche
durch ein Abgrabungsverbot zu schützen.
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