Schwalbenfreunde sind ihren Gästen treu
Über 650 Auszeichnungen in 2012
Nicht überall sind Rauch- und Mehlschwalben mit ihren Nestern gern gesehene Gäste. Doch viele Bürger in Nordrhein-Westfalen heißen die Sommerboten und Glücksbringer noch an ihren Gebäuden willkommen. Mehrere hundert von ihnen im ganzen Bundesland durfte der NABU auch im Jahr 2012 wieder als „Schwalbenfreundliche Häuser“ auszeichnen.
Unter den Kreisen und kreisfreien Städten führt der Kreis Euskirchen die Liste der Auszeichnungen an. Hier verlieh der NABU-Kreisverband gleich 66 mal die Plakette an schwalbenfreundliche Hausbesitzer. Viele davon beherbergen die Tiere in und an ihren Gebäuden schon seit vielen Jahren oder sogar Jahrzehnten. Leider ist die Akzeptanz für die in direkter Nähe zu uns Menschen brütenden Tieren nicht bei allen Mitmenschen verbreitet. Die Sorge um Verschmutzungen ist bei manchen Hausbesitzern größer als es der gute Ruf, der den in Liedern und Gedichten gepriesenen Vögeln nachgesagt wird, aufwiegt.
Aber dort, wo sie heute noch willkommen sind, können sich die Tiere auf ihre Gastgeber verlassen. Von vielen Menschen werden sie regelrecht erwartet und es kommt Sorge auf, wenn sich die Ankunft einmal verzögert. Diese positiven Beispiele honoriert der NABU, indem er seit nunmehr drei Jahren schwalbenfreundliche Hausbesitzer und Immobilien auszeichnet.
Was der Kreis Euskirchen in Sachen Schwalben für das Rheinland ist, gilt für den Kreis Unna im westfälischen Landesteil. Hier vergab der NABU die Plakette an 50 stolze Hauseigentümer. Auch in Düren, Herford und Siegen wurden allein in 2012 jeweils um die 30 neue Häuser ausgezeichnet. Insgesamt hatte der NABU-Landesverband NRW in diesem Jahr über 650 Plaketten an seine 52 Kreis- und Stadtverbände für die Auszeichnungen vor Ort ausgeliefert.
Die Aktion kann auch im dritten Jahr als ein großer Erfolg gewertet werden, und selten geht es um die reine Verleihung. Durch den Kontakt zwischen Hausbesitzern und Naturschützern können viele Fragen erörtert und auch praktische Erfahrungen ausgetauscht werden. Zwar ist die Zahl der Nester nicht entscheidend für die Auszeichnung zum „Schwalbenfreundlichen Haus“, doch die Zahl der Nester und Brutpaare wurde von den Ornithologen im NABU dennoch mit Spannung verfolgt. Von den vielen Hundert eingereichten Bewerbungen, sorgte die vom Reiterhof der Familie Böke aus Kirchlengern im Kreis Herford für Aufsehen. Sage und Schreibe 94 besetzte Schwalbennester konnten die sympathischen Eigentümer auf ihren Bewerbungsbogen notieren. In Zeiten, in denen Schwalben auf der Roten Liste stehen, handelt es sich hier zweifelsfrei um eine außergewöhnliche Kolonie. Bemerkenswert ist auch, dass auf diesem Hof sowohl die außen an der Fassade brütenden Mehlschwalben vorkommen, als auch Rauchschwalben, die es sich in den Ställen mit ihrem Nachwuchs häuslich eingerichtet haben.
Dass die Schwalben aber nicht allein auf Gebäude von Privatleuten setzen, haben in der Vergangenheit schon die Auszeichnungen von Schulen oder Rathäusern belegt. In 2012 kommt mit der Auszeichnung von Fabrik- und Bürogebäuden ein ganz großer Vertreter aus dieser Kategorie hinzu. Die 76 Mehlschwalbenpaare, die es sich an den Gebäuden der Kölner Ford-Werke eingerichtet haben, scheinen dort ideale Bedingungen vorzufinden. Eine Kolonie in dieser Größenordnung, laut NABU-Mann Falko Huckenbeck die größte der Stadt, benötigt neben einer Duldung des ungestörten „Brutbetriebs“ auch eine gute Nahrungsgrundlage, die in diesem Fall durch die Nähe des Rheins und ein gutes Angebot an fliegenden Insekten gewährleistet werden dürfte. Die Kölner Ford-Werke sind außerdem ein Beispiel für erfolgreichen Schutz der Schwalben trotz Umbau-Maßnahmen. Als im Zuge einer Fassaden-Sanierung die natürlichen Nester weichen mussten, wurden mit fachkundiger Hilfe von Claus-Dieter Hinz künstliche Nisthilfen an den Gebäuden angebracht, die allesamt angenommen wurden. Bei dieser Gelegenheit wurden die Brutplätze zum Schutz vor Verschmutzung gleich mit so genannten Kotbrettern versehen. Auch bestimmte für den Betrieb ungünstige Nest-Standorte wurden durch die gezielte Platzierung der Nisthilfen erfolgreich ein paar Meter weiter verlegt.
Wenn auch die Landkreise in NRW deutlich mehr Schwalbenbrutplätze aufweisen, so konnten außer in Köln auch in anderen Großstädten Nordrhein-Westfalens schwalbenfreundliche Häuser ausgezeichnet werden. Zum Beispiel in Dortmund. Die 15 aktiven Naturschützer der Schwalben- und Mauersegler-AG im NABU Dortmund haben im Jahr 2012 den Fokus auf die landwirtschaftlichen Betriebe in den Außenbezirken der Westfalen-Metropole gesetzt. Insgesamt konnten so durch die direkte Ansprache und im Zuge von Information und Beratung 13 Schwalben-Plaketten an Höfe und Häuser verliehen werden. Petra Barwe vom NABU-Stadtverband berichtet, dass im Vergleich zum Vorjahr über ein Viertel der Mehlschwalbennester unbesetzt waren. Um diesen Trend nicht tatenlos hinzunehmen, leisteten die NABU-Aktiven aus Dortmund wichtige und in einigen Fällen auch erfolgreiche Aufklärungsarbeit, denn die Fassadenbrüter suchen sich nicht immer „schwalbenfreundliche Hausbesitzer“ aus. Im Juni 2012 bekam die Schwalben-AG ihrerseits eine Ehrung für ihr „langjähriges Engagement im Artenschutz“, wie es auf der Urkunde heißt: Die Stadt Dortmund hat ihnen den mit 1000 Euro dotierten Bürgerumweltpreis 2012 verliehen. Das hätten sicher auch viele der anderen NABU-Schwalben-Botschafter im ganzen Land verdient, die sich viele Stunden Zeit und ebenso viele Kilometer Weg auf sich genommen haben, um die Schwalbenfreunde zu besuchen und zu beraten.
In Nordrhein-Westfalen gibt es immer weniger Schwalben. Mit der Aktion „Schwalbenfreundliches Haus“ will der NABU diesem Trend entgegenwirken und zeichnet Menschen und Häuser aus, bei und an denen die Glücksbringer willkommen sind. Mehr →