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Jetzt spenden!Dramatische Insektenverluste in NRW
NABU fordert rasch greifende Schutzmaßnahmen und Forschungsprogramme
21. Mai 2015 - Anlässlich des Internationalen Tages der Artenvielfalt warnt der NABU NRW vor dramatischen Entwicklungen bei der artenreichsten Tiergruppe der Insekten. Untersuchungen auf regionaler Ebene zeigen einen über die vergangenen zwei Jahrzehnten eingetretenen Verlust bei der heimischen Artenvielfalt. So sind nach aktuellen Auswertungen im Großraum Krefeld inzwischen mehr als 60 Prozent der Hummelarten ausgestorben. Ähnlich sieht es in der Landeshauptstadt Düsseldorf bei den Tagfaltern aus, wo 58 Prozent der Arten schon verschwunden sind. „Um auf das Artensterben aufmerksam zu machen, müssen wir nicht mehr auf den Regenwald verweisen – es passiert vor unserer Haustür“, sagt NABU-Landesvorsitzender Josef Tumbrinck.
Nach Erhebungen von Insektenkundlern geht aber nicht bloß die Zahl der Insektenarten dramatisch zurück, sondern auch die Gesamtmenge aller an einem Ort vorkommenden Fluginsekten. An unterschiedlichen Standorten hat der Entomologische Verein Krefeld über standardisierte Methoden die Insekten in den vergangenen drei Jahren erfasst und mit Untersuchungsergebnissen von vor 15 bis 25 Jahren verglichen. Hierbei zeigten sich dramatische Verluste von bis zu 70 bis 80 Prozent der Biomasse von Fluginsekten. Einige dieser Vergleichsmessungen liegen zudem auch noch in Schutzgebieten.
„Die Erhebungen sind ein starkes Indiz dafür, dass wir es in NRW mit einem ökologischen Desaster mit weitreichenden Folgen zu tun haben“, so Tumbrinck. Alles deutet auf einen sich in den letzten zehn Jahren beschleunigenden Verlust an Biodiversität und Systemdienstleistungen hin. „Das Land muss angesichts solch dramatischer Entwicklungen das Ruder beim Natur- und Artenschutz mit einer ambitionierten Novelle des Naturschutzgesetzes endlich herumreißen“, fordert Tumbrinck. Gerade die Landwirtschaft als bekannter Hauptverursacher des Artensterbens müsse dahin gebracht werden, dass die Artenvielfalt geschützt und die Vergiftung der Landschaft, der Gewässer und der Böden gestoppt werde. Als wichtige Maßnahmen im Naturschutzgesetz nannte der NABU eine Berücksichtigung des Artenschutzes bei der landwirtschaftlichen Praxis, breite Pufferstreifen zu Wegen, Gewässern und Schutzgebieten, ausreichende finanzielle Mittel für das Schutzgebietsmanagement und den gesetzlichen Schutz wertvoller Lebensräume wie dem artenreichen Grünland.
Konkrete Auslöser für den Verlust noch unklar
„Wir brauchen neben wirksamen und schnell greifenden Schutzmaßnahmen parallel ein Forschungsprogramm, dass den Ursachen dieser rapiden Verarmung auf den Grund geht und ihre Folgen für Natur und Menschen aufzeigt“, sieht Josef Tumbrinck neben Umweltminister Remmel auch Forschungsministerin Schulze in der Pflicht. Nach Auskunft des NABU ist derzeit noch unklar, was die konkreten Auslöser für den außergewöhnlichen Verlust sind. Neben bekannten Faktoren, wie dem Verlust und der Verinselung von Lebensräumen, dem Einsatz von Pestiziden mit direkten und indirekten Wirkungen und der Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung kommt für den NABU auch der enorme Stickstoffeintrag aus der Massentierhaltung in Frage. Ebenfalls könnten noch nicht bekannte Effekte beim Austrag von Pflanzenschutzmitteln eine Rolle spielen. Hier muss nach Auffassung des NABU eine breit angelegte wissenschaftliche Forschung Klarheit bringen. Tumbrinck: “Was in NRW passiert, könnte auch woanders schon im Gange sein oder auf andere Regionen noch zukommen.“
Insekten gelten als artenreichste Tiergruppe mit entscheidenden ökologischen Schlüsselfunktionen. So ist die Erfüllung wichtiger und unersetzlicher Aufgaben gefährdet, wie etwa die Blütenbestäubung durch Wildbienen, Fliegen und Schmetterlinge. Die Ergebnisse der Insektenkundler, die die Verluste für verschiedenste Lebensraumtypen nachgewiesen haben, sind eine sehr ernst zu nehmende Warnung. Es sind nicht nur seltene, in geringen Zahlen vorkommende Arten, die als die nächsten Kandidaten für die Liste „ausgestorben in NRW“ gelten.
Rückläufig sind die vormals in hohen Mengen in der Natur vorhandenen und derzeit eigentlich als häufig eingestufte Insektenarten. Die Verluste der Bestände zahlreicher Arten haben nach Angaben des Entomologischen Vereins Auswirkungen entlang der natürlichen Nahrungspyramide. Diesen Rückgang haben selbst Laien festgestellt, die schon vor zwei Jahrzehnten mit ihrem Auto unterwegs waren. Wer früher im Sommer über die Landstraße fuhr, musste danach erst einmal die Windschutzscheibe säubern. Heute ist das nur noch selten erforderlich.
Über den Zustand unserer gesamten Artenvielfalt wissen wir auch in NRW noch viel zu wenig. Die Gefährdung heimischer Arten in NRW wird bisher für bekannte Gruppen wie Vögel, Säugetiere oder Tagfalter dokumentiert. Für mehr als 31.000 der über 43.000 heimische Pflanzen-, Pilz- und Tierarten, das sind 72 Prozent, fehlt immer noch eine Bewertung ihrer Gefährdung. Auch hier besteht ein hoher Handlungsbedarf.
Der Internationaler Tag der Artenvielfalt erinnert an den 22. Mai 1992, an dem das globale Übereinkommen über die biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity, CBD) offiziell angenommen wurde.
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