Naturschutzverbände legen Stellungnahme zum Entwurf der Biodiversitätsstrategie vor
Positives Signal für mehr Artenschutz in NRW mit Mängeln bei der konkreten Umsetzung | Defizite beheben, um Schlagkraft der Strategie zu erhöhen
24. Oktober 2014 - Die nordrhein-westfälischen Naturschutzverbände BUND, LNU und NABU, haben den im August dieses Jahres vom Umweltminister Remmel vorgestellten Maßnahmenkatalog für den Erhalt der biologischen Vielfalt in Nordrhein-Westfalen als positives Signal für mehr Artenschutz begrüßt. In der nun vorliegenden ausführlichen gemeinsamen Stellungnahme mahnen die Naturschützer die Konkretisierung von Zielen und Maßnahmen an. Ein Umsetzungsfahrplan, Sofortmaßnahmen für besonders gefährdete Arten, eine Koordinierungsstelle zur Umsetzung der Strategie und ausreichende Personal- und Finanzmittel für die Naturschutzverwaltung seien notwendig, um die Biodiversitätsstrategie mit der nötigen Schlagkraft auszustatten.
„Wir fordern die Erstellung eines Umsetzungsfahrplans, der neben den im Entwurf genannten kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen zusätzlich Sofortmaßnahmen umfasst. Der Rückgang der Artenvielfalt hat sich insbesondere in der Agrarlandschaft in den letzten Jahren so dramatisch verschärft, dass auch ein sofortiges Handeln unerlässlich ist“, sagte Josef Tumbrinck, Vorsitzender des NABU NRW. Dies beträfe vor allem hochgradig gefährdete und vom Aussterben bedrohte Arten wie Grauammer, Feldhamster und Knoblauchkröte. Zudem müsse die im Strategie-Entwurf genannte Koordinierungsstelle zur Umsetzung des Maßnahmenkatalogs sofort eingerichtet werden. „Diese sollte die Aufgabe haben, ein Projektteam aus Vertretern des Umweltministeriums, der Naturschutzfachbehörde, den Bezirksregierungen, der unteren Landschaftsbehörden sowie der Biologischen Stationen und der anerkannten Naturschutzverbände zu koordinieren und die Realisierung des vom Projektteam erarbeiteten Umsetzungsplans zu begleiten“, so Tumbrinck weiter. Die Umsetzung der Maßnahmen erfordere darüber hinaus die Ausstattung der Naturschutzverwaltung mit ausreichenden Personal- und Finanzmitteln. Ein entsprechender Etat sei im Haushalt 2015 zur Verfügung zu stellen.
„Bei der stärkeren Unterstützung der Biodiversität in der Agrarlandschaft setzt der Entwurf der Biodiversitätsstrategie insbesondere auf die Kooperation von Landwirtschaft und Naturschutz und die Ausweitung der Vertragsnaturschutzmaßnahmen. Da diese Instrumente den Verlust der Biodiversität in der Agrarlandschaft bisher nicht stoppen konnten, kann es ein ´Weiter wie bisher´ nicht geben“, erklärte der BUND-Landesvorsitzende Holger Sticht. Eine Trendwende beim Artenrückgang in der Agrarlandschaft könne nur erzielt werden, wenn es gelinge, die Instrumente ´Schutzgebiete´ – mit Verordnungen und Festsetzungen, die entsprechend des Schutzzwecks mit ausreichenden Ver- und Geboten ausgestattet sind – und ´Vertragsnaturschutz´ - ausgestattet mit ausreichenden Finanz- und Personalmitteln für die Verträge und deren Kontrolle – zielgerichtet einzusetzen. Der auch in der Biodiversitätsstrategie erkannte dringende Handlungsbedarf, um eine Trendwende einzuläuten, erfordere zudem eine Verbesserung weiterer Naturschutzinstrumente in NRW. Sticht: „So müssen im neuen Landesnaturschutzgesetz die Lücken in der Landschaftsplanung in NRW geschlossen werden, die Biotopverbundplanung des Landes ist unter stärkerer Berücksichtigung des Artenschutzes flächendeckend zu aktualisieren, die Anforderungen an die gute fachliche Praxis der Landwirtschaft müssen eingebracht werden und die Erweiterung des Katalogs der gesetzlichen geschützten Biotope ist dringend geboten.“
„Drei der 30 vom Bundesamt für Naturschutz ausgewiesenen Hotspots der Biologischen Vielfalt liegen ganz oder teilweise in NRW, nämlich ´Senne´, ´Kalk- und Vulkaneifel´, ´Südliches Emsland und nördliche Westfälische Bucht´. Hier besteht eine besondere Verantwortung des Landes, eine besondere Berücksichtigung findet dies in der Biodiversitätsstrategie aber nicht“, ergänzte Mark vom Hofe, Vorsitzender der LNU. Für den Truppenübungsplatz Senne sei der zu erstellende Managementplan deshalb kurzfristig nationalpark-konform anzupassen und das Management für den gesamten TÜP schon zum jetzigen Zeitpunkt in Absprache mit den britischen Streitkräften entsprechend vorzunehmen. Der Nationalpark Eifel sowie der geplante Nationalpark Senne seien zudem beide im Landesentwicklungsplan zu verankern. Begrüßen würden die Naturschutzverbände, dass sich die Wildnisentwicklung in NRW nicht nur auf Waldflächen erstrecken soll, sondern auch auf Brachen, Fließgewässer und Auen. „Der genannte Anteil ausgewiesener Prozessschutzflächen von aktuell 1% der Waldflächen zeigt das allein flächenmäßig große Defizit in NRW“, so vom Hofe weiter. Im Wald müsse der Anteil zusammenhängender Flächen mit mehr als 1.000 ha deshalb gezielt erhöht werden. Insgesamt könne das bisher für den Staatswald entwickelte Netz von Wildnisentwicklungsgebieten aber nur ein erster Schritt zu mehr Wildnis in NRW gewesen sein. Erforderlich sei nun die Erarbeitung einer umfassenden Wildniskonzeption für ganz Nordrhein-Westfalen, die alle geeigneten Flächen auch außerhalb des Waldes ermittelt und einbezieht.
Für Rückfragen:
Josef Tumbrinck, Vorsitzender NABU NRW, mobil: 0171 3867379
Holger Sticht, Vorsitzender BUND NRW, mobil: 0152.34289594
Mark vom Hofe, Vorsitzender LNU, mobil: 0172/2587848