Waldentwicklung zulassen
Forderungen zur NRW-Landtagswahl 2022
Wald ist ein besonderer Lebensraum. Für den Menschen in Mitteleuropa ist Wald als Ort der Erholung, der Ruhe und der biologischen Vielfalt positiv besetzt. Wald ist auch ein Ort der Ursprünglichkeit, denn Mitteleuropa war überwiegend von Wäldern mit einer hohen Biodiversität bedeckt.
Das Ökosystem Wald hat heute und vermehrt in Zukunft folgende Funktionen zu erfüllen: Schutz der Biodiversität, Schutz der Böden und des Wasserhaushalts, der Grundwasserneubildung und des Hochwasserschutzes, Erhalt und Wiederherstellung als CO2-Senke, Erhalt der nachhaltigen Nutzungsmöglichkeit von nachwachsenden Rohstoffen. Aktuell besteht der „Wald“, gerade in Nordrhein-Westfalen, auf vielen Flächen aus artenarmen Forsten mit hohem Anteil von Nadelholz-Arten.
In der kommenden Legislaturperiode gilt es, das bestehende, 30 Jahre alte Landesforstgesetz zu einem umfassenden Landeswaldgesetz zu reformieren. Dies muss nach strengen ökologischen, naturverträglichen und nachhaltigen Leitlinien geschehen, denn die Wälder Nordrhein-Westfalens befinden sich weiterhin in keinem guten ökologischen Zustand. Die letzten trockenen Jahre haben die fehlgeleitete Forstpolitik endgültig aufgedeckt. Die jahrzehntelange Förderung der auf maximalen Profit ausgelegten Altersklassen-Monokulturen hat die Biodiversität und somit die Stabilität des Ökosystems Wald nachhaltig gestört. Es ist nicht verwunderlich, dass der Absterbeprozess überwiegend Flächen mit nichtheimischen Fichtenmonokulturen trifft. Darüber hinaus ist die Biodiversität durch den Mangel an alten Bäumen und an Habitatkontinuität, den insgesamt zu geringen Anteil unbewirtschafteter Waldflächen (Waldwildnisflächen), die großflächige Entwässerung unserer Waldböden sowie die hohen Einträge von Schadstoffen gefährdet. Letzteres geschieht vor allem durch Lufteintrag, insbesondere von Pestiziden und Stickstoffverbindungen aus Landwirtschaft, Industrie und Verkehr. Zukünftig wird die Klimaveränderung durch Erwärmung und anhaltende Niederschlagsdefizite die Lage in den Wäldern, besonders aber in den instabilen Wirtschaftswäldern, weiter verschärfen. Zurzeit wird versucht, der Situation unsachgemäß auch mit der Anpflanzung nichtheimischer Baumarten zu begegnen.
Für den Erhalt der biologischen Vielfalt im Wald und den Erhalt gesunder und stabiler Wirtschaftswälder ist insbesondere der Schutz aller naturnahen Wälder unerlässlich. Um der bisherigen Entwicklung entgegenzuwirken, müssen jetzt die richtigen Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit über alle Waldbesitzarten hinweg eine ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltige Waldbewirtschaftung möglich wird. Ziel muss es sein, den ökologischen Zustand der Wirtschaftswälder deutlich zu verbessern. Auf dem überwiegenden Teil der Waldfläche erfordert dies eine an hohen ökologischen Maßstäben ausgerichtete Waldbewirtschaftung. Dem öffentlichen Wald als „Wald der Bürgerinnen und Bürger“ kommt bei der Bereitstellung dieser Gemeinwohlleistungen eine besondere Rolle zu. Dies erfordert auf einem Teil (10-15 Prozent, exklusiv Nationalpark-Flächen) der Waldfläche von Nordrhein-Westfalen die Einrichtung von ausreichend großen und miteinander vernetzten Rückzugsräumen für (bedrohte) Tier- und Pflanzenarten, in denen sich die Natur ungestört entwickeln kann (Wildnisentwicklungsgebiete, § 40LNatSchG NRW).
Wir fordern:
- eine grundsätzliche Novellierung des Landesforstgesetzes anhand ökologischer, naturverträglicher und nachhaltiger Leitlinien
- Die Umsetzung von mittelfristig 10 Prozent Wildnisentwicklungsgebieten auf der Gesamtwaldfläche von NRW (20 Prozent Wildnisentwicklungsfläche im Staatsforst)
- einen vollständigen Verzicht auf aktives Einbringen nicht-heimischer Baumarten (arealbezogen, d. h. unter anderem alle Nadelbäume und Roteiche) in Schutzgebiete
- einen wirkungsvollen Schutz und die Regeneration von FFH-Lebensraumtypen und gesetzlich geschützten Biotoptypen
- die Sicherstellung von mindestens zwanzig festgelegten Altbäumen pro Hektar im öffentlichen Wald, die dauerhaft inklusive Alters- und Zerfallsphase und inklusive Totholzphase im öffentlichen Wald aus der Nutzung genommen werden. Für Privatwald sollte es im gleichen Umfang ein Förderprogramm geben
- Eine Flächenprämie für Waldflächen wird strikt abgelehnt. Wirkungsvolle und gezielte Förderprogramme sind zum Nutzen der Natur aufzustellen, um den Privatwald in seinen Bemühungen um eine ökologisch hochwertige Waldbewirtschaftung zu unterstützen
- die Einstellung der Holznutzung (Holzeinschlag) im Wald zwischen 1. März bis 31. Juli
- die Sicherung waldbaulicher Ziele durch Anpassung des Jagdgesetzes
- ein Verbot des Pestizideinsatzes im Wald
- ein Verbot von Windkraftanlagen im Wald
Unsere Forderungen zur NRW-Landtagswahl 2022
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