Tiere und Pflanzen im milden Winter
Einmalige Wetterkapriolen meist unproblematisch
Normalerweise hat der Frost im Januar die Natur fest im Griff. Doch nicht nur in diesem Winter herrschen in NRW Temperaturen wie am Mittelmeer. Ein deutliches Indiz dafür, dass der Klimawandel auch hierzulande bereits spürbar ist. Das bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Natur. Bereits im Dezember setzten Hasel und Erle, Forsythien, Schneeball und Seidelbast Knospen an, jetzt blühen sie an wärmebegünstigten Standorten. Hasel und Erle setzen sogar schon Blütenpollen aus ihren aufgesprungenen Kätzchen frei. Auch Schneeglöckchen, Krokusse, Primeln, Veilchen und Scharbockskraut, also die große Palette der typischen Frühlingsblüher, treiben bereits aus, teilweise mehr als vier Wochen zu früh.
„Würde es jetzt wieder kälter, würde der weitere Austrieb ohne Folgen für die heimische Pflanzenwelt einfach stoppen“, erklärt Götz Loos, Sprecher des Landesfachausschuss Botanik im NABU NRW. Bleibe es allerdings mild und die Bildung von Blatt- und Blütenknospen schreite weiter voran, hätten spätere Frosteinbrüche deutlich negativere Folgen. Zwar verfügen die meisten Pflanzen über genügend Energiereserven für einen zweiten, dann allerdings schwächeren Austrieb, sie werden dadurch aber häufig weniger widerstandsfähig gegenüber weiteren Wetterkapriolen oder gar Schädlingsbefall.
Im Garten oder auch im Wald machen sich bereits die hier "überwinternden" Singvögel lautstark bemerkbar: Kohlmeisen, Blaumeisen und Kleiber beginnen bei diesen milden Temperaturen mit ihren Reviergesängen und kundschaften günstige Nistmöglichkeiten aus. Die hier gebliebenen Stare zeigen ebenfalls erste Frühlingsaktivitäten. Beobachtungen von NABU-Vogelexperten belegen, dass viele von ihnen in diesem "Winter" gar nicht erst bis in die Bretagne gezogen sind, denn in diesem Jahr sind günstige Temperaturen und genügend Nahrung auch hier vorhanden. Einige Zugvögel, die sich trotzdem auf den Weg gemacht haben, kann man zudem früher zurückerwarten. Dazu gehören neben dem Star weitere sogenannte Kurzstreckenzieher wie Feldlerche und Kiebitz. Auf die sogenannten Langstreckenzieher wie Störche, Nachtigall und Kuckuck haben diese "Wetterkapriolen" allerdings kurzfristig keinen Einfluss. Sie kommen zu den gewohnten Zeiten in ihre Brutgebiete zurück, da sie in ihrem Zugverhalten wesentlich stärker genetisch fixiert sind. Voraussichtlich wird der Klimawandel aber langfristig zur Gefährdung der Bestände einiger dieser Arten führen.
Bei winterschlafenden Säugetieren und bei Amphibien ist bei anhaltend milden Temperaturen ebenfalls nur vereinzelt mit gravierenden Schwierigkeiten zu rechnen. „Fledermäuse verfolgen dabei unterschiedliche Strategien“, so Frauke Krüger, Fledermausexpertin beim NABU NRW. Arten wie die Wasserfledermaus verbrächten den Winter in klimakonstanten Quartieren. Dort seien sie vor kurzfristigen Temperaturschwankungen geschützt und verlassen diese nicht. „Andere Arten wie die Zwergfledermaus sind hingegen natürlicherweise bei milden Temperaturen auch im Winter aktiv. Sie sind daran angepasst, die in diesen Phasen spärlich vorhandene Nahrung, wie Frostspanner oder Wintermücken, zu erschließen“, so Krüger weiter. Problematisch werde es für winterschlafende Säugetiere wie Igel, Fledermäuse oder auch Bilche meist erst, wenn milde Phasen zu häufig mit Kälteeinbrüchen wechseln. Dann reichen die angelegten Fettreserven unter Umständen nicht mehr aus, um den Winter in Gänze zu überstehen.
Bei manchen Arten spielt zudem die „Innere Uhr“ eine entscheidende Rolle. „Theoretisch herrschen zwar beste Bedingungen für den Beginn der Amphibienwanderung, aber nicht nur die Temperatur ist ausschlaggebend. Wichtig für Frösche, Kröten und Molche ist das richtige Verhältnis von Tageslänge, Temperatur und Luftfeuchtigkeit, damit die Frühjahrswanderungen beginnen“, so Monika Hachtel, Amphibienexpertin des NABU NRW. Bleibe es allerdings so warm, könne man ab Ende Januar mit den ersten Springfröschen rechnen. Einmal losgelaufen stellen plötzliche Kälteeinbrüche dann eine große Gefahr dar. Wandernde Amphibien würden sich dann nicht mehr rechtzeitig durch Eingraben vor der Kälte schützen können und erfrieren.
Und auch Schmetterlinge, wie das Tagpfauenauge und der Kleine Fuchs, die sich den Winter über in menschliche Behausungen zurückgezogen haben, sitzen bei Temperaturen um die 10 Grad bereits in den Startlöchern. Würde zusätzlich Sonnenschein sie bei den herrschenden milden Temperaturen verlocken auszufliegen, droht ihnen zum jetzigen Zeitpunkt allerdings direkt der Hungertod, da sie noch keine Nahrung finden.
Einmalige Wetterextreme dieser Art schaden den meisten Tier- und Pflanzenarten also nicht auf lange Sicht, ein Klimawandel mit dauerhaften Veränderungen hätte allerdings gravierende Auswirkungen auf die heimische Tier- und Pflanzenwelt. Die drohende Klimaerwärmung muss deshalb mit allen Mitteln begrenzt werden, will man die heutige Artenvielfalt erhalten, so der NABU NRW.
Die größte Herausforderungen unserer Zeit ist der Klimaschutz. Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft müssen gemeinsam handeln. Der NABU ist auf allen Ebenen an den intensiven Diskussionen und mit eigenen Projekten beteiligt. Mehr →
Der Klimawandel beeinträchtigt unsere Lebensgrundlagen und bedroht 20 bis 30 Prozent der auf der Erde vorkommenden Arten. Deutschland steht auf Platz 6 der weltweit größten CO₂Emittenten. Daher kommt uns eine besondere Verantwortung zu, einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Mehr →