Nestraub bei Wildgänsen, Gehätschel von Wildschwein
NABU übt scharfe Kritik an geplanten Änderungen des Landesjagdgesetzes
11. November 2009 - Scharf kritisiert der NABU NRW die geplanten Änderungen des Landesjagdgesetzes sowie etlicher Verordnungen zur Jagd, die zurzeit im Eiltempo im Umweltausschuss behandelt werden sollen. „Seit Jahren beobachten die Naturschutzverbände den schleichenden Ausverkauf, wenn es um die Belange des Artenschutzes geht“, so Josef Tumbrinck, Vorsitzender des NABU NRW. Die nun geplanten Änderungen würden die Situation weiter verschlechtern. Besonders den heimischen Wildgänsen ginge es an den Kragen: Nicht nur die Jagdzeiten auf Gänse sollen ausgedehnt werden, auch den Eierklau will das Land zukünftig erlauben. Wildschweine dagegen werden weiter gehätschelt.
So soll die obere Jagdbehörde zukünftig ermächtigt werden, ´sofern es keine andere zufriedenstellende Lösung gibt, das Ausnehmen oder Unfruchtbarmachen der Gelege von Federwild im Interesse der Volksgesundheit, im Interesse der Sicherheit der Luftfahrt, zur Vermeidung von übermäßigen Wildschäden, zum Schutz der Pflanzen- und Tierwelt, zu wissenschaftlichen, Lehr- und Forschungszwecken oder für Zwecke der Aufzucht zu gestatten´. „Das wäre ein Rückfall in Methoden aus dem finstersten Mittelalter, die selbst der Deutsche Jagdverband nicht befürworten dürfe“, sagt Tumbrinck. Obwohl diese Regelung aus tier-, arten- und naturschutzrechtlichen Gründen sehr bedenklich und aus fachlicher Sicht nicht haltbar sei, stünde das Umweltministerium leider hinter der Ausweitung der Eierentnahme im Landesjagdgesetz, so der NABU-Landeschef weiter.
Doch statt das Arsenal der Bekämpfungs- möglichkeiten immer weiter aufzustocken, käme das Land nicht umhin, sich dauerhaft mit diesen Arten zu arrangieren. Wichtig sei es, zu klären, wie sich dauerhaft ein natürliches Gleichgewicht einpendeln könne. Dazu sei zunächst ein mehrjähriges landesweites Monitoring der „Problemarten“ Kanada-, Grau- und Nilgans erforderlich, das beantworte, wie sich die Bestände entwickeln, welche wirklichen Schäden eintreten und wo natürliche Gegenspieler wie Fuchs oder Seeadler die Population begrenzen. Tumbrinck: „Alle bisher beantragten und teilweise umgesetzten Vorschläge zur Vergrämung und Bestandesregulierung durch Jagd, Eierabsammeln, Vertreibung durch Schussanlagen bringen lediglich mehr Störungen in Landschaft und Schutzgebiete und sind langfristig nicht erfolgreich.“ Es würden nur lokale und zeitlich begrenzte Veränderungen von Gänsebeständen erreicht, die sich anderenorts oder zeitlich verschoben wieder ausglichen.
Der NABU fordert daher eine Kulisse von Duldungsgebieten, zum Beispiel in Form der Natur- und EU-Vogelschutzgebiete. In diesen sollten allgemeine flächenbezogene Ausgleichszahlungen für eine Duldung der Tiere bereitgestellt werden. Zudem müsse in diesen Ruhezonen die Jagd ausgesetzt werden. Auch die geplante Ausdehnung der Jagdzeit außerhalb der Schutzgebiete müsse aus tier- und naturschutzrechtlichen Gründen unterbleiben.
Kritisch sieht der NABU zudem eine weitere Änderung im Landesjagdgesetz: So seien die zukünftigen Einschränkungen bei der Kirrung von Wildschweinen zwar überfällig, angesichts der großen Probleme, die die Massenvermehrung bei Wildschweinen verursacht, sei aber nicht zu begreifen, warum die einzige Chance, auch natürlichen Faktoren bei der Reduzierung der Bestände freien Lauf zu lassen, weiter blockiert bliebe. Denn es sei weiterhin erlaubt, in winterlichen Notzeiten Wildschweine zu füttern. „Da bleibt ein scheunentorgroßes Schlupfloch für die illegale Fütterung bestehen mit allen faulen Ausreden und Möglichkeiten, sich einer Bußgeldfestsetzung zu entziehen“, so Tumbrinck.
Erneut kennzeichne Inkonsequenz das behördliche Handeln beim Thema Jagd. Unliebsame Tierarten wie Kaninchen, Tauben, Rabenkrähen und Kormorane würden selbst während der Vermehrungszeiten abgeschossen, das gleiche Vorgehen beim Wildschwein ließe man aber nicht zu. Tumbrinck: „Das tausendfache qualvolle Verenden von verwaisten Jungtieren auf der einen Seite wird ausgeblendet. Auf der anderen wird Pietät in Notzeiten vorgetäuscht, wenn es um Großwild geht.“
Für Rückfragen:
Bernd Fuhs, Sprecher LFA Naturschutz und Jagd im NABU NRW, Tel. 0 22 26-1 31 01