Teilnahme in NRW so hoch wie noch nie
Mehr als 23.000 Vogelfreunde meldeten jedoch weniger Vögel
13. Mai 2020 - Bisher haben mehr als 130.000 Menschen bundesweit das Muttertagswochenende genutzt, um Vögel in Garten, Park oder auf dem Balkon zu zählen. Damit haben sich so viele Menschen wie noch nie zuvor an der 16. „Stunde der Gartenvögel“ vom NABU und seinem Bayerischen Partner, dem LBV, beteiligt. Allein in Nordrhein-Westfalen haben bis heute rund 23.000 Vogelfreunde ihre Beobachtungen gemeldet. „Das übertrifft alle Erwartungen“, freut sich Heinz Kowalski, stellvertretender Vorsitzender und Ornithologe beim NABU NRW. Das verstärkte Interesse an der heimischen Natur durch die Corona-Krise und das beunruhigende Blaumeisensterben haben wohl deutlich mehr Menschen bewegt, bei der Vogelzählung mitzumachen.
Im Mittelpunkt des Interesses der diesjährigen Zählung stand die Blaumeise. Seit Anfang März waren beim NABU vermehrt Berichte über kranke und tote Blaumeisen eingegangen. Bis heute registrierte der NABU 19.000 solcher Meldungen, die 35.000 verstorbene Vögel betreffen. Als Ursache wurde inzwischen das Bakterium Suttonella ornithocola identifiziert, das offensichtlich ausschließlich bei Meisenarten Lungenentzündungen verursacht. Die in Deutschland bisher einmalige Vogel-Epidemie flaut seit Ende April deutlich ab. „Bundesweit betrachtet sind im Vergleich zum Vorjahr 22 Prozent weniger Blaumeisen pro Garten gemeldet worden“, berichtet Kowalski. „In Nordrhein-Westfalen liegt der Rückgang mit minus 21 Prozent nur geringfügig niedriger. Lokal ist dies aber durchaus unterschiedlich.“
Um herauszufinden, ob der Rückgang wirklich auf das Konto der Epidemie geht, haben die Forscher für jeden Landkreis die Veränderungen der Blaumeisenzahlen mit der Anzahl der Meldungen kranker Meisen verglichen. Es ergab sich ein eindeutiger Zusammenhang. „Je mehr Berichte toter Meisen aus einem Landkreis bei uns ankamen, desto größer waren dort auch die Bestandsrückgänge“, so Kowalski. „Wir können davon ausgehen, dass ein Rückgang von mindestens vier Prozent gegenüber dem Vorjahr direkt auf das diesjährige Blaumeisensterben zurückzuführen ist.“ Bei einem Gesamtbestand von etwa 7,9 Millionen erwachsenen Blaumeisen, den der jüngste offizielle Bericht zur Lage der Vogelwelt ausweist, wäre das eine Größenordnung von ungefähr 300.000 an der Krankheit verstorbenen Blaumeisen.
Im Durchschnitt wurden in NRW in diesem Jahr innerhalb einer Stunde knapp 28 Vogelindividuen beobachtet, weniger als bundesweit. Da liegt der Durchschnitt bei 31 beobachteten Vögeln pro Garten. „Verantwortlich dafür ist die hohe Besiedlung durch den Menschen vor allem in den Ballungsräumen in NRW, die vogelärmer sind als die meisten anderen Regionen in Deutschland“, weiß Christian Härting, Sprecher des Landesfachausschusses Ornithologie und Vogelschutz im NABU NRW. Die Top-Drei der häufigsten Vögel in nordrhein-westfälischen Gärten bleiben dabei unverändert: Auf Platz eins liegt der Haussperling (3,49 Vögel/Garten), gefolgt von Amsel (2,93) und Kohlmeise (2,64). Auf Platz vier liegt trotz Rückgang die Blaumeise (1,78). Die Ringeltaube folgt auf Platz fünf. Bundesweit setzen sich die Top-Fünf aus Haussperling, Amsel, Kohlmeise, Star und Feldsperling zusammen. In den frühen Jahren der Aktion konnte die Amsel den Spatz in NRW viermal überflügeln. Doch seit dem Aufkommen des Usutu-Virus haben die Amselzahlen leicht abgenommen. Immerhin konnte sie in diesem Jahr das Ergebnis des Vorjahres leicht verbessern. Wie in jedem Jahr bleibt die Amsel damit auch in NRW weiterhin Deutschlands zuverlässigster Gartenvogel: Sie wurde in rund 96 Prozent aller Gärten innerhalb einer Stunde gesehen.
Große Verlierer dieses Jahres sind neben der Blaumeise auch der Star und – wie schon in den Vorjahren – der Grünfink. Auch beim Buchfink und dem kleinen Zaunkönig sinken die Zahlen konstant von Jahr zu Jahr. Bei den größten Sorgenkindern unter den Siedlungsvögeln, Mehlschwalbe und Mauersegler wiederholten sich die katastrophalen Ergebnisse des Vorjahres zum Glück nicht, aber sie sind weiter weit entfernt von früheren Bestandszahlen.
Zu den Gewinnern zählen vor allem Ringeltaube und Türkentaube, die beide ihr bisheriges Bestergebnis einfliegen. Auch bei Eichelhäher und Buntspecht ist kein Ende des zunehmenden Trends in Sicht.
Für Rückfragen:
Heinz Kowalski, stellv. Vorsitzender und Vogelexperte des NABU NRW, mobil: 0160 88 56 396
Sprecherteam des Landesfachausschusses Ornithologie und Vogelschutz im NABU NRW
Christian Härting, mobil: 0151 579 89 876
Fabian Karwinkel, mobil: 01578 567 37 61
Jonas Brüggeshemke, mobil: 0157 77 05 31 22
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