Zeitzeugin - Francisca Lienau
Ehemals Vorsitzende des NABU-Stadtverbandes Düsseldorf
Zehn Jahre auf den Philippinen und später wieder in Europa, niemals eine Wohnung ohne einen Garten, das waren die Quellen seiner unerschöpflichen Energie und Erholung. Ich wurde im Jahr 1926 in Hamburg geboren. Als ich fünf Jahre alt war, zog meine Familie nach Potsdam, in die Nähe von Sanssouci, natürlich wieder mit großem Garten. In den folgenden 15 Potsdamer Jahren teilte mein Vater mir all sein Wissen über die Natur, seine Artenkenntnis, auch der Vogelstimmen, mit. Kurz vor Kriegsende wurde ich – wie viele meines Jahrganges auch – nach zwangsweise verkürzter Schulzeit zum Arbeitsdienst in der Nähe von Stettin eingezogen. Das Kriegsende erlebte ich aber in Potsdam, wohin ich wegen Krankheit zurückgeschickt worden war. Ein Onkel von mir, zu Fuß auf dem Weg von Berlin nach Unterfranken (Mai 1945!), schlug vor, dass ich zu ihm kommen sollte, um in seinem landwirtschaftlichen Betrieb mitzuarbeiten. Später begann ich auf einer Hühnerfarm mit traditioneller Freilandhaltung eine zweijährige Lehre, die ich mit der staatlichen Prüfung zur „Geflügelzuchtgehilfin“ abschloss. Alle Lehrlinge hatten auch noch andere Aufgaben, wie zum Beispiel Melken, Großtierhaltung oder Feldarbeit. Ich hatte eine kleine Schafherde zu betreuen, deren 15 Tiere Klauenfäule bekommen hatten und die ich also auch medizinisch versorgen musste. Anschließend war ich mehrere Jahre in leitender Funktion in verschiedenen Geflügelzuchtbetrieben tätig.
Ein neuer Lebensabschnitt nahm seinen Anfang. Ich studierte Werbegrafik an einer Werbefachschule und rundete das Studium an der „Meisterschule für Grafik, Druck, Werbung“ ab. Mitte der 1950er-Jahre begann meine Laufbahn dann in Düsseldorf in verschiedenen Werbeagenturen, unterbrochen von annähernd acht Jahren freiberuflicher Arbeit im eigenen Team.
Die Welt hatte sich verändert. Das Wirtschaftswunder hatte den Menschen ein neues Weltbild vermittelt.
Francisca Lienau
Herbert Gruhl schrieb sein Buch „Ein Planet wird geplündert“. Heinz Haber und Hoimar von Ditfurth erklärten im Fernsehen, „was die Welt im Innersten zusammenhält“. Das Buch „Im Anfang war der Wasserstoff“ lehrte mich den größten Respekt vor dem Phänomen Leben. Ich wollte aktiv werden. Im Fernsehen lief die Serie „Arche 2000“. Im Nachspann erfuhr ich, dass es den DBV mit Sitz in Kornwestheim gab. So schrieb ich also an die damalige Bundesgeschäftsstelle und teilte ihr mein Interesse an einer Mitgliedschaft im DBV und an der Kontaktaufnahme zu anderen Düsseldorfer Mitgliedern mit. Erst nach etwa einem Jahr erhielt ich eine Antwort mit der Mitteilung, dass ich dem Kreisverband Neuss zugeordnet würde, weil es in Düsseldorf keine DBV-Untergliederung gab. Vom Kreisverband Neuss habe ich aber direkt nie etwas gehört. Ich war ein bisschen frustriert wegen der langen Wartezeit auf die Reaktion aus Kornwestheim. Darüber hinaus irritierte mich die Antwort, weil ihr Inhalt jede Kenntnis der räumlichen und organisatorischen Beziehungen zwischen Düsseldorf und den benachbarten Landkreisen vermissen ließ. Während der Kreisverband Neuss neben seinen eigenen Aktivitäten kaum das Interesse und die Möglichkeit hatte, sich um das Stadtgebiet Düsseldorf zu kümmern, gab es bereits Kontakte und gemeinsame Aktionen zwischen den im Naturschutz aktiven Düsseldorfer Mitgliedern und dem DBV Mettmann.
Um diesen Beziehungen einen dauerhaften organisatorischen Rahmen zu geben, wurde auf Initiative des Vorsitzenden des Kreisverbandes Mettmann, Prof. Dr. Gerß, mit ausdrücklicher Unterstützung des Vorsitzenden des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen, Dr. Scholten, angestrebt, den Kreisverband in einem Bezirksverband aufgehen zu lassen. Diesem sollten die DBV-Mitglieder aus der Stadt Düsseldorf, dem Kreis Mettmann und der Stadt Solingen angehören. Zur Diskussion dieser Umorganisation wurde eine Mitgliederversammlung einberufen. Die Einladung erreichte mich kurzfristig nach der frustrierenden Antwort aus Kornwestheim. Die in der Mitgliederversammlung vorgebrachten Argumente überzeugten mich, sodass ich mich später dem Bezirksverband Düsseldorf/Kreis Mettmann/Solingen als stellvertretende Vorsitzende zur Verfügung stellte.
Der Bezirksverband wurde zunächst von den zahlreicheren Mitgliedern aus dem Kreis Mettmann geprägt. Allmählich nahm der Anteil der Düsseldorfer Mitglieder zu. Er wurde schließlich so stark, dass die traditionellen Gegensätze zwischen der Großstadt und den sie umgebenden kleinen Gemeinden, die auf die Erhaltung ihrer Eigenständigkeit bedacht sind, nicht mehr ignoriert werden konnten. Der Bezirksverband wurde daher nach einigen Jahren – im Wesentlichen auf Betreiben der Mitglieder aus Mettmann – wieder aufgelöst und durch die drei selbstständigen Verbandsuntergliederungen Kreisverband Mettmann, Stadtverband Düsseldorf und Stadtverband Solingen ersetzt. Seit dieser Trennung bis zu meinem ehrenamtlichen Ruhestand war ich Vorsitzende des DBV/NABU-Stadtverbandes Düsseldorf. Außerdem war ich mehrere Jahre lang Mitglied des Vorstandes und des Hauptausschusses im NABU Landesverband Nordrhein-Westfalen.
(November 2011)
NABU-Festschrift
Auf 336 reich bebilderten Seiten wird nicht nur die Geschichte des NABU NRW, sondern auch die der Umweltpolitik in NRW dokumentiert. Zahlreiche Zeitzeugen blicken auf Erfolge und Niederlagen, nehmen aber auch aktuelle und künftige Herausforderungen in den Fokus. Mehr →