Armutszeugnis für Naturschutzpolitik auch in NRW
NABU und BUND fordern Umsetzung der nationalen Biodiversitätsstrategie auf Landesebene
18. Februar 2010 - Der heute von den Naturschutzverbänden BUND und NABU in Berlin vorgelegte Ländervergleich „Biodiversitätsschutz in Deutschland“, der die Umsetzung der Nationalen Strategie zur Biologischen Vielfalt in den einzelnen Bundesländern bewertet, offenbart gravierende Mängel beim Schutz der Artenvielfalt. Kein Land hat bisher die Biodiversitätsstrategie der Bundesregierung zufriedenstellend umgesetzt, auch Nordrhein-Westfalen nicht. Dies sei im Jahr der Biodiversität ein Armutszeugnis für die nordrhein-westfälische Naturschutzpolitik, so die Landesverbände von BUND und NABU. Die Landesregierung müsse endlich den Schutz der Artenvielfalt als dringend gebotene Aufgabe begreifen. Die Inhalte und Ziele der nationalen Biodiversitätsstrategie müssten umgehend in ein landesweites Konzept einfließen und konkretisiert werden.
NRW habe zwar Ende 2007 mit seinem offiziellen Beitritt zum Countdown 2010-Prozess medienwirksam bezeugt, das Artensterben bis Ende 2010 stoppen zu wollen, doch zu konsequenten Maßnahmen und sichtbaren Erfolgen habe das bisher nicht geführt, kritisierten die NRW-Naturschutzverbände weiter. Die Bedrohung der Artenvielfalt halte nach wie vor ungebrochen an: In NRW gelten 56 % der Lebensräume von Tieren und Pflanzen als gefährdet und rund 50% aller heimischen Tier- und Pflanzenarten werden als bedroht eingestuft.
Schuld daran sei vor allem die anhaltende Intensivierung in Landwirtschaft und Forst sowie ein ungebremst hoher Flächenverbrauch. Zudem bliebe das Landschaftsgesetz weit hinter den Möglichkeiten zurück, die der Bund den Ländern als Spielraum zur Gestaltung der Naturschutzpolitik zugesteht, und ein erheblicher Anstieg der Naturschutzmittel in den kommenden Jahren sei ebenfalls nicht in Sicht. Auf diese Art und Weise sei das ursprünglich gesteckte Ziel auch nicht erreichbar, so die Landesnaturschutzverbände weiter. Einzelne positive Aspekte wie die Finanzierung von Agrarumweltmaßnahmen im Rahmen des Förderprogramms des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) und eine hohe Absicherungsquote der Schutzgebietskulisse als festgesetzte Naturschutzgebiete könnten darüber auch nicht hinwegtäuschen.
„Um das fortdauernde Artensterben endlich aufzuhalten, muss das Umweltministerium größere und mutigere Schritte machen als bisher. Die Förderung von 9000 Feldlerchenfenstern oder das Pflanzen von Alleen reicht für ein Umsteuern nicht aus“, erklärte Josef Tumbrinck, Vorsitzender des NABU NRW. Besondere Anstrengungen erwarte der NABU zukünftig im Bereich der Landwirtschaft. „Statt die Massentierhaltung zu subventionieren, sollten finanzielle Hilfen besser in die Förderung des ökologischen Landbaus investiert werden, der einen wesentlichen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt leisten könnte“, so Tumbrinck weiter.
Paul Kröfges, Vorsitzender des BUND in NRW forderte, den Naturschutz endlich als raumbedeutsame Aufgabe zu begreifen und ihm einen hohen Stellenwert in den Regionalplänen einzuräumen. Dafür müsse dort der Biotopverbund erheblich gestärkt und der Artenschutz berücksichtigt werden. „Außerdem müssen die täglichen Begehrlichkeiten der Kommunen zurückgewiesen werden. Bauen im Außenbereich oder im Landschaftsschutzgebiet, die Blockade von Auenprojekten, das Fällen von Fledermausbäumen im FFH-Gebiet oder das Bauen von Sportplätzen im Naturschutzgebiet sind Alltag in NRW“, so Kröfges.
Dazu müsse die kommende Landesregierung den Naturschutz politisch umfassender berücksichtigen, so NABU und BUND. Die biologische Vielfalt ließe sich in NRW nur bewahren, wenn sie nicht wie bisher in die Nische der Naturschutzgebiete abgedrängt, sondern endlich zum festen Bestandteil der Land- und Forstwirtschaft sowie der Verkehrs- und Siedlungspolitik gemacht werde.
Für Rückfragen:
Josef Tumbrinck, Vorsitzender NABU NRW, mobil: 0171-38 67 379
Paul Kröfges, Vorsitzender BUND NRW, mobil: 0173-279 44 89