Klimaschutz ohne Rücksicht auf die Natur
Zweite Änderung des Landesentwicklungsplans zum Ausbau der Erneuerbaren Energien verschärft Naturkrise
21. März 2024 - Heute hat der Landtag Nordrhein-Westfalen die zweite Änderung des Landesentwicklungsplans (LEP) zum Ausbau der Erneuerbaren Energien beschlossen. Auch wenn der NABU NRW die Beschleunigung des Ausbaus grundsätzlich begrüßt, bleibt der Plan angesichts der Herausforderungen für Natur und Umwelt unzureichend. Denn die neuen landesplanerischen Vorgaben zur Erweiterung der Flächenkulisse für Windenergiegebiete und Freiflächenphotovoltaik berücksichtigen ökologische Eignungskriterien nicht ausreichend und werden dem insgesamt besorgniserregenden Zustand der Biodiversität im Land in keiner Weise gerecht.
Hinsichtlich des Windenergie-Ausbaus hatte der NABU NRW sich über Monate eingesetzt für den landesplanerischen Ausschluss von Bereichen zum Schutz der Natur (BSN), , einer differenzierten Berücksichtigung intesiv genutzter Nadelforste und den grundsätzlichen Ausschluss von Laub- und Mischwald,fachlich angemessene Pufferzonen zu Schutzgebieten sowie Vorgaben zur Nutzung vorhandener Daten zum Vorkommen windenergiesensibler Arten. Aufgrund des Wegfalls der artenschutzrechtlichen Prüfung bei der Genehmigung von Windenergieanlagen innerhalb von Windenergiegebieten wäre das Freihalten ökologisch sensibler Gebiete durch eine dem entsprechende planerische Steuerung dringend geboten gewesen: „Die Landesregierung schafft es nicht, den Ausbau in naturverträgliche Bahnen zu lenken. Stattdessen droht der Ausbau der Erneuerbaren sehenden Auges eine Katastrophe für unsere windenergieempfindlichen Vögel und Fledermäuse in NRW zu werden“, so NABU-Landesvorsitzende Dr. Heide Naderer.
Auch beim Ausbau der Freiflächenphotovoltaik enthalte der neue LEP nicht die nötigen Vorgaben, um den Ausbau auf vorbelastete Standorte zu lenken und das durchaus vorhandene Synergiepotenzial zwischen ökologischer Aufwertung und Energiegewinnung zu nutzen. Stattdessen werde die Flächenkulisse ernorm und ohne die nötige Rücksicht auf Natur- und Artenschutz erweitert. Besonders schwer wiegt dabei der Ausbauschwerpunkt in den sogenannten „landwirtschaftlich benachteiligten Gebieten“, welche landesweit ca. 340.000 ha ausmachen und aufgrund nährstoffarmer Verhältnisse und einhergehender extensiven Nutzung oftmals von höchster ökologischer Bedeutung sind.
Die Kritikpunkte des NABU NRW finden sich auch in den schriftlichen Stellungnahmen zum LEP-Entwurf der fachlich zuständigen Stellen in NRW wieder: Auch das Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Verbraucherschutz (LANUV) brachte erhebliche Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen für den Biotop- und Artenschutz zum Ausdruck und zudem bemängelte der Landesbetrieb Wald und Holz NRW die fachlich unzureichenden Vorgaben hinsichtlich der Nutzung von Wald für die Windenergie.
Im Kontext der aktuellen Politik auf Bundes- und EU-Ebene passe diese LEP-Änderung in ein ernüchterndes Bild, so Naderer: „Sei es beim Ausbau der Erneuerbaren, bei der Entwicklung neuer Gewerbegebiete, der Regeln für die Landwirtschaft oder finanzieller Prioritäten im Haushalt – der Schutz der Biodiversität findet nicht statt.“ Bei der räumlichen Entwicklung des Landes sei es dringend geboten, den Schutz der bedrohten Ökosysteme und Arten sowie den Ausbau der erneuerbaren Energien parallel und nicht gegeneinander voranzubringen, um die Flächenansprüche beider Belange angemessen in der Planung zu berücksichtigen: “Die Weichen werden derzeitbei der Flächensicherung für die erneuerbaren Energien gestellt – statt alle landesplanerischen Belange, auch den Natur- und Artenschutz direkt bei der Planung angemessen mit zu berücksichtigen“, so Naderer.
Nun sei es wichtiger denn je, dass die landes- und regionalplanerischen Vorrangebiete für den Naturschutz deutlich erweitert werden, um mit dem Schutz der Biodiversität einen zentralen Pfeiler bei der Gestaltung der Zukunftsfähigkeit des Landes aufrechtzuerhalten. Denn die Naturkrise erfordere eine proaktive und konsequente Umsetzung des auf der Weltnaturschutzkonferenz in Montréal gefassten 30 %-Ziels sowie den in auf EU-Ebene zu erwartenden Wiederherstellungsverpflichtungen für zahlreiche Biotoptypen Rechnung zu tragen. Nichtszuletzt sei das Land in der Pflicht, die Erreichung der eigens gesteckten Ziele aus der Biodiversitätsstrategie, etwa die klaren Vorgaben zum Ausbau des Biotopverbundes, endlich konsequent voranzutreiben.
Die gemeinsame Stellungnahme der Naturschutzverbände in NRW zur 2. Änderung des Landesentwicklungsplans Nordrhein-Westfalen, „Erneuerbare Energien“ (LEP-Entwurf, Stand 02.06.2023) finden Sie unter: Stellungnahme der Naturschutzverbände
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