Die Graugans
Anser anser
Schutzstatus
International
Die Graugans unterliegt wie alle europäischen Vogelarten dem allgemeinen Schutz der EU-Vogelschutzrichtlinie. Sie gehört allerdings zu den Arten des Anhang II/A, die in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union gejagt werden dürfen. Einzuhalten sind dabei die Bestimmungen des Art. 7 und Art. 8 (verbotene Jagdmethoden). Außerdem gehört die Graugans zu den 26 Arten des Anhang III, bei denen unter bestimmten Bedingungen der Handel erlaubt ist.
National
Die Graugans gehört nach § 2 BJagdG wie fast alle Gänse- (Gattungen Anser und Branta) und Entenarten (Anatinae) zu den jagdbaren Arten. Der NABU setzt sich aber seit vielen Jahren dafür ein, dass die Graugans, wie alle anderen Gänse- und Entenarten außer der Stockente, aus dem Jagdrecht entlassen und in das Naturschutzrecht übernommen wird (NABU-Position zur Jagd 2013).
Rote Liste BRD (2009): ungefährdet
Rote Liste NRW (2008): ungefährdet
Jagdrecht
Bundesjagdgesetz
Nach BJagdZ-VO von 1977, zuletzt geändert 2002, kann die Graugans vom 1. August - 30. August und vom 1. November - 15. Januar bejagt werden.
Landesjagdgesetz
Mit Inkrafttreten des novellierten Landesjagdgesetzes (LJG) im Mai 2015 unterliegt die Graugans weiterhin dem Jagdrecht und darf laut Landesjagdzeitenverordnung vom 28.05.2015 vom 16. Juli bis 31. Januar bejagt werden. Ausgenommen hiervon sind folgende Gebiete mit gesonderten Schonzeiten vom 15. Oktober bis 31. Januar:
a) Unterer Niederrhein
Schnittpunkt Bahnlinie (außer Betrieb) / Staatsgrenze Bundesrepublik Deutschland / Königreich der Niederlande bei Kranenburg, Staatsgrenze bis B 8, B 8 bis B 220, B 220 bis Staatsgrenze, Staatsgrenze bis Gemeindegrenze Stadt Rees / Stadt Isselburg, Gemeindegrenze bis B 67, B 67 bis L 459, L 459 bis L 468, L 468 bis B 8, B 8 bis L 396, L 396 bis B 8, B 8 bis L 287, L 287 bis A 42, A 42 bis Bahnlinie, Bahnlinie bis Xanten, Bahnlinie (außer Betrieb) über Kleve, Kranenburg bis Staatsgrenze;
b) Weseraue
Schnittpunkt B 61 / Landesgrenze Nordrhein-Westfalen / Niedersachsen, Landesgrenze bis Bahnlinie, Bahnlinie bis K 39, K 39 bis B 482, B 482 bis Wehr bei Lahde, Wehr, linkes Weserufer bis L 770, L770 bis B 61, B 61 bis Landesgrenze.
Jagdstrecke
2001/2002: 1.605 (davon Fallwild: 981)
2002/2003: 1.239 (davon Fallwild: 957)
2003/2004: 1.031 (davon Fallwild: 1022)
2004/2005: 3.411 (davon Fallwild: 97 )
2005/2006: 4.147 (davon Fallwild: 125)
2006/2007: 5.185 (davon Fallwild: 104)
2007/2008: 5.611 (davon Fallwild: 77)
2008/2009: 5.924 (davon Fallwild: 82)
2009/2010: 6.741 (davon Fallwild: 70)
2010/2011: 7.938 (davon Fallwild: 132)
2011/2012: 8.388 (davon Fallwild: 93)
2012/2013: 9.248 (davon Fallwild: 128)
2013/2014: 8.949 (davon Fallwild: 91)
2014/2015: 9.355 (davon Fallwild: 114)
2015/2016: 10.078 (davon Fallwild: 145)
2016/2017: 11.725 (davon Fallwild: 137)
Bestand in NRW
Der derzeitige Bestand in NRW wird auf 2900 - 4900 Brutpaare. Verbreitungsschwerpunkte sind am unteren Niederrhein bis zur niederländischen Grenze, die Krickebecker-Seen im Schwalm-Nette-Gebiet, Gewässer im Raum Haltern und im Einzugsbereich der Lippe, der Möhnesee und die Ruhrstauseen flussabwärts, die Rietberger Fischteiche, das Steinhorster Becken und die Weseraue. Am Rhein südlich von Düsseldorf haben sich die Graugansbestände noch nicht so stark ausgedehnt. In der Mittelgebirgsregion befinden sich nur lokale Populationen.
NABU-Position zur Landesjagdgesetznovelle 2014
Mit der 2010 geänderten Landesjagdzeitenverordnung wurde die Jagdzeit auf Graugänse erweitert. Schon damals kritisierte der NABU NRW diese Erweiterung, denn die Jagd auf Graugänse ist damit schon erlaubt, wenn der Heimzug der Gänse in ihre Brutgebiete unter Umständen schon begonnen hat. Damit wären bei einer Rast außerhalb der Schutzgebiete auch die arktischen Wintergäste potenziell gefährdet, denn rein optisch unterscheiden arktische Graugänse sich nicht von den nicht ziehenden Verwandten.
Die Jagdzeit der Graugans im August ist zudem nach der EU-Vogelschutzrichtlinie unzulässig, da dann die Jungvögel noch nicht selbstständig sind. Nicht nur nach der EU-Vogelschutzrichtlinie dürfen Tiere während der Brutzeit (Art. 7 Abs. 4: "während der Nistzeit oder während der einzelnen Phasen der Brut- und Aufzuchtszeit") nicht bejagt werden, auch nach dem Tierschutzgesetz ist eine Jagd Alttiere, von deren Versorgung Jungvögel abhängig sind, verboten, um so unnötige Leiden und Schmerzen durch Verhungern oder Erfrieren zu vermeiden.
Gleiche Vorschriften finden sich in § 22 Abs. 4 BJG und § 24 Abs. 5 LJG-NW - zudem ist ein solches Vorgehen nicht waidgerecht. Das Landsjagdrecht kann die entsprechende Vorschrift im BJG nicht aufheben, da hierzu keine Ermächtigung vorhanden ist.
Auch entwertet die Jagd in Wasservogelschutzgebieten durch die Beeinträchtiung zahlreicher anderer Arten diese Gebiete massiv. Wegen des dichten Körpergefieders und dem überwiegend praktizierten Schießen mit Schrot in Vogelschwärme wird außer der Zahl der totgeschossenen Gänse, eine mehrfache Anzahl von Tieren verletzt. Die Jagd auf Vogelschwärme ist daher tierschutzwidrig und nicht nachhaltig.
Kurzporträt
Beschreibung
Die östlichen Populationen haben einen rosafarbenen Schnabel und etwas helleres Gefieder als die Graugänse Nord- und Mitteleuropas, die einen orangefarbenen bis gelben Schnabel besitzen. Mit 76-89 cm Gesamtlänge und durchschnittlich etwa 3,5 kg Gewicht sind sie die größten einheimischen Gänse. Von den etwa gleich großen Saatgänsen (Anser fabalis) Islands, Spitzbergens, Skandinaviens und Sibiriens, die zum großen Teil in Mitteleuropa überwintern, unterscheiden sich Graugänse durch ihr viel helleres, graues Gefieder. Besonders Kopf, Hals und Vorderflügel der Saatgänse sind viel dunkler und bräunlich gefärbt.
Verbreitung und Lebensraum
Während des Zuges ist die Graugans in ganz Europa anzutreffen. Sie brütet in Großbritannien, in ganz Fennoskandinavien, außer in den weit von der Küste entfernten Gebieten. Außerdem ist sie in ganz Kontinentaleuropa nordöstlich einer Linie von Dünkirchen bis Patras in Griechenland mit Schwerpunkt in den Niederlanden, Norddeutschland, der Südküste der Ostsee, sowie in einem Gebiet zwischen Österreich, Ungarn und Tschechien anzutreffen. Die Graugans kann man ganzjährig am Niederrhein beobachten und in vielen Naturschutzgebieten ist sie inzwischen ein regelmäßiger Brutvogel. Ursprünglich brütete sie überwiegend östlich der Elbe. Graugänse, die in NRW überwintern, haben ihre Verbreitungsschwerpunkte am Niederrhein und in der Weseraue.
Nahrung
Graugänse leben von Pflanzen, sowohl Land- wie auch Wasserpflanzen, dabei hauptsächlich von kurzen Gräsern und Kräutern, sowie Stauden und Wurzeln, insbesondere auch Kartoffeln und Rüben.
Quellen:
Gedeon, K., Grüneberg, C. et al. (2014): Atlas Deutscher Brutvogelarten. Atlas of German Breeding Birds. Stiftung Vogelmonitoring Deutschland und Dachverband Deutscher Avifaunisten, Münster.
Grüneberg, C., S.R. Sudmann, sowie J. Weiss, M. Jöbges, H. Königs, V. Laske, M.Schmitz & A. Skibbe (2013): Die Brutvögel Nordrhein-Westfalens. NWO & LANUV (Hrsg.), LWL-Museum für Naturkunde, Münster
Bundesamt für Naturschutz:
Artenschutzbestimmungen der Vogelschutzrichtlinie
Stand: Dezember 2017