Die Nilgans
Alopochen aegyptiaca
Schutzstatus
International
Als "europäische" Vogelart im Sinne der EU-Vogelschutzrichtlinie gelten alle Vogelarten, die natürlicherweise in der EU vorkommen. Diese Definition erfasst auch gelegentlich auftretende Irrgäste. Weitere 15 Arten (Neozoen-Arten), darunter die Nilgans, sind nach Auffassung der Europäischen Kommission als in der EU eingebürgert anzusehen.
National
Die Nilgans wird zwar in der EU als eingebürgert angesehen, sie gilt damit aber nicht als "europäische" Art im Sinne der Vogelschutzrichtlinie und ist somit auch nicht "besonders geschützt" gemäß BNatSchG (Quelle: BfN).
Rote Liste NRW (2008): keine Gefährdungseinstufung, da Neozoe
Jagdrecht
Bundesjagdgesetz
Die Art unterliegt bisher nicht dem Bundesjagdrecht, in NRW fällt die Nilgans allerdings per Landesjagdzeitenverordnung unter das Jagdrecht.
Landesjagdgesetz
Mit Inkrafttreten des novellierten Landesjagdgesetzes (LJG) im Mai 2015 unterliegt die Nilgans weiterhin dem Jagdrecht und darf laut Landesjagdzeitenverordnung vom 28.05.2015 vom 16. Juli bis 31. Januar bejagt werden. Ausgenommen hiervon sind folgende Gebiete mit gesonderten Schonzeiten vom 15. Oktober bis 31. Januar:
a) Unterer Niederrhein
Schnittpunkt Bahnlinie (außer Betrieb) / Staatsgrenze Bundesrepublik Deutschland / Königreich der Niederlande bei Kranenburg, Staatsgrenze bis B 8, B 8 bis B 220, B 220 bis Staatsgrenze, Staatsgrenze bis Gemeindegrenze Stadt Rees / Stadt Isselburg, Gemeindegrenze bis B 67, B 67 bis L 459, L 459 bis L 468, L 468 bis B 8, B 8 bis L 396, L 396 bis B 8, B 8 bis L 287, L 287 bis A 42, A 42 bis Bahnlinie, Bahnlinie bis Xanten, Bahnlinie (außer Betrieb) über Kleve, Kranenburg bis Staatsgrenze;
b) Weseraue
Schnittpunkt B 61 / Landesgrenze Nordrhein-Westfalen / Niedersachsen, Landesgrenze bis Bahnlinie, Bahnlinie bis K 39, K 39 bis B 482, B 482 bis Wehr bei Lahde, Wehr, linkes Weserufer bis L 770, L770 bis B 61, B 61 bis Landesgrenze.
Jagdstrecke in NRW
2006/2007: 1.659 (davon Fallwild: 62)
2007/2008: 3.590 (davon Fallwild: 41)
2008/2009: 4.526 (davon Fallwild: 46)
2009/2010: 5.765 (davon Fallwild: 64)
2010/2011: 6.206 (davon Fallwild: 78)
2011/2012: 7.194 (davon Fallwild: 69)
2012/2013: 7.936 (davon Fallwild: 56)
2013/2014: 7.101 (davon Fallwild: 53)
2014/2015: 7.753 (davon Fallwild: 55)
2015/2016: 8.791 (davon Fallwild: 72)
2016/2017: 9.360 (davon Fallwild: 63)
Brutvogelbestand in NRW
Der aktuelle Bestand der Nilgans wird auf circa 2100 - 3300 Brutpaare in NRW geschätzt.
NABU-Position zur Landesjagdgesetznovelle 2014
Es wird rechtlich unzutreffend behauptet, dass die Nilgans nicht unter die EU-Vogelschutzrichtlinie fällt, da sie keine europäische Art sei. Die Nilgans brütet inzwischen in etlichen europäischen Ländern und ist daher auch nach der EU-VschRL eine europäische Art (Art. 1). Außerdem ist die EU-Vsch-RL so aufgebaut, dass abschließend alle Arten, die in der gesamten EU (Anhang II/A) oder in einem bestimmten Mitgliedstaat (Anhang II/B) bejagt werden dürfen, in diesen Anhängen aufgeführt sind. Die Nilgans ist nicht aufgelistet mit der Folge, dass sie aufgrund der EU-Vogelschutzrichtlinie nicht bejagt werden darf.
Nach der Definition des § 7 Abs. 2 Nr. 7 BNatschG handelt es sich aber um eine heimische Art. Sie gehört damit gem. § 7 BNatSchG zu den besonders geschützten Arten. Richtig ist die Einschätzung des MKULNV, dass die Nilgans nicht gem. § 2 BJG eine jagdbare Art ist.
Bei der Nilgans werden erhebliche landwirtschaftliche Schäden seitens des MKULNV behauptet. Auch hier fehlen durch das Land nachgeprüfte Fakten. Selbst wenn es diese Schäden und eine Jagdzeit gäbe, dürfte die Art aufgrund des Jagdrechts und der geringen Brutpaare sowie der absoluten Zahlen nicht gejagt werden, da sie der Hegepflicht unterliegt und ihr Bestand und ihre Verbreitung in Deutschland nicht gesichert sind. Zudem sind die Schäden anzuzweifeln und sicher nicht so allgemein verbreitet, dass die Art gleich überall in NRW unbegrenzt bejagt werden muss/dürfte.
Zudem ist die Jagdzeit der Nilgans im August nach der EU-Vsch-RL unzulässig, da dann die Jungvögel noch nicht selbstständig sind. Nicht nur nach der EU-Vogelschutzrichtlinie dürfen Tiere während der Brutzeit (Art. 7 Abs. 4: "während der Nistzeit oder während der einzelnen Phasen der Brut- und Aufzuchtzeit") nicht bejagt werden, sondern auch aufgrund des Tierschutzgesetzes, dass eine Bejagung von Alttiere, von deren Versorgung Jungvögel abhängig sind, untersagt, um so unnötige Leiden und Schmerzen durch Verhungern oder Erfrieren zu vermeiden.
Gleiche Vorschriften finden sich in § 22 Abs. 4 BJG und § 24 Abs. 5 LJG-NW - zudem ist ein solches Vorgehen nicht waidgerecht. Das Landesjagdrecht kann die entsprechende Vorschrift im BJG nicht aufheben, da hierzu keine Ermächtigung vorhanden ist.
Der NABU fordert, die Aufnahme der Nilgans ins Jagdrecht und die Ausweisung von Jagdzeiten wieder rückgängig zu machen. Keine Bejagung der heimischen Nilganspopulation.
Kurzporträt
Verbreitung und Lebensraum
Die Nilgans ist ursprünglich ein Brutvogel des afrikanischen Kontinents. Sie besiedelt, abgesehen von kleinen und schnellfließenden Bächen, fast jeden afrikanischen Gewässertyp von der Küste bis annähernd 4.000 m Höhe. Besonders häufig ist sie in Ost - und Zentralafrika anzutreffen.
Die Nilgänse waren bereits den alten Ägyptern, Griechen und Römern als Parkvögel bekannt. Nach Westeuropa gelangten sie im 17. und 18. Jahrhundert, wo sie anfangs in Parks, Menagerien und seit Anbeginn in den Zoos gehalten und gezüchtet wurden. Verwilderte Gefangenschaftsflüchtlinge begründeten im Laufe der Zeit an einigen Stellen in Europa regionale Nilganspopulationen. So brüten Nilgänse in den Niederlanden seit Ende der 1960er Jahre. 1977 wurde das erste Nilganspaar auf der niederländischen Seite des Niederrheins entdeckt, 1986 erfolgte der erste Brutnachweis für den deutschen Teil des Niederrheins. Bis 1995 war die niederrheinische Brutpopulation bereits auf 120-150 Brutpaare angewachsen. Von hier aus erfolgte seit Ende der 80er Jahre die weitere Besiedlung Nordrhein-Westfalens.
Beschreibung
Beide Geschlechter gleichen sich, das Männchen ist unwesentlich größer. Die vergleichsweise bunte Färbung der erwachsenen Tiere stellt sich mit etwa vier bis fünf Monaten ein, wenn sich der Augen- und der Brustfleck voll entwickelt hat. Neben der gewöhnlichen Färbung tritt auch eine etwas grauere Variante auf, die verschieden stark ausgeprägt sein kann. Auch die Färbung des Schnabels variiert von blassrot bis tiefrot. Gefangenschaftsflüchtlinge weisen meist sehr rote Schnäbel auf.
Lebensweise
Sie ernähren sich überwiegend pflanzlich. Sofern vorhanden äsen die Nilgänse gern auf Weideflächen oder befliegen abgeerntete Getreidefelder.
Bei der Nistplatzwahl zeigen Nilgänse in Westeuropa wie in ihrer afrikanischen Heimat eine große Flexibilität. Sie brüten am Boden, in dichten Gebüschen, in Höhlen, auf Gebäuden oder in alten Nestern oder Höhlen auf Bäumen. Das Nest wird schließlich vom Weibchen gebaut und mit Daunen ausgekleidet. Das Gelege besteht im allgemeinen aus 5-12 Eiern, die 28-30 Tage ausschließlich vom Weibchen bebrütet werden. Das Männchen hält meist in unmittelbarer Nähe Wache.
Die Jungvögel werden nach 70-75 Tagen flügge, bleiben aber noch mehrere Wochen bis Monate bei den Eltern. Die Sterblichkeitsrate unter den Jungvögeln ist hoch. In Afrika sterben 40-50% der Jungvögel in den ersten zwei Monaten, am Niederrhein wurde eine Sterblichkeitsrate von 50-60% in den ersten 6 Wochen ermittelt. Hierfür werden Witterungsbedingungen und menschliche Störungen und Verfolgung verantwortlich gemacht.
Der Schwerpunkt des Brutgeschehens westeuropäischer Nilgänse liegt in der Periode von März bis Mai, aber es wurden auch Nilganspaare mit Jungen zwischen Juni und September und sogar bis Anfang November gesehen. Hierbei handelt es sich wahrscheinlich um Zweit- und Drittgelege. Nachgelege sind zwar für die afrikanischen Nilgänse nicht belegt, kommen aber bei den westeuropäischen Nilgänsen und in Gefangenschaft häufiger vor.
Quelle:
Gedeon, K., Grüneberg, C. et al. (2014): Atlas Deutscher Brutvogelarten. Atlas of German Breeding Birds. Stiftung Vogelmonitoring Deutschland und Dachverband Deutscher Avifaunisten, Münster.
Grüneberg, C., S.R. Sudmann, sowie J. Weiss, M. Jöbges, H. Königs, V. Laske, M.Schmitz & A. Skibbe (2013): Die Brutvögel Nordrhein-Westfalens. NWO & LANUV (Hrsg.), LWL-Museum für Naturkunde, Münster
Bundesamt für Naturschutz:
Artenschutzbestimmungen der Vogelschutzrichtlinie
Stand: Dezember 2017