Artenschutzwissen in die Praxis umsetzen
Ohne ehrenamtlichen Einsatz ginge es Pflanzen und Tieren deutlich schlechter
2. März 2022 - Weltweit verschwinden pro Tag etwa 150 Arten – für immer. Die Bestände der Feldvögel in Deutschland sind seit 1980 um 34 Prozent, das heißt um 10,2 Millionen Brutpaare gesunken. Die Population der Feldlerche etwa ist um 55 Prozent zurück gegangen, die des Rebhuhns um 91 Prozent, die des Kiebitzes um 93 Prozent. Und auch die aktuelle Rote Liste der Farn- und Blütenpflanzen Nordrhein-Westfalens gibt keine Entwarnung. 42% der dort gelisteten 1970 Arten sind einer der Gefährdungskategorien zugeordnet. „Der gestern vorgelegte Naturschutzbericht des Landes bildet diese Bilanz des Verlustes erneut eindrucksvoll ab. Doch schon seit langem liegen genügend Daten zum Artenschwund vor. Schon seit langem wäre es deshalb Zeit konkret zu handeln“, sagte Dr. Heide Naderer, Vorsitzende des NABU NRW.
Denn die Ursachen des Artensterbens seien lange bekannt: anhaltender Flächenfraß, zu hoher Pestizid- und Düngemitteleinsatz in der Landwirtschaft, Zerschneidung der Landschaft und ein schlechter Zustand unserer Schutzgebiete. Hierauf hatte nicht zuletzt die von allen Naturschutzverbänden in NRW getragene „Volksinitiative Artenvielfalt NRW“ hingewiesen. „Das Land muss hier endlich seiner Verantwortung gerecht werden und die Rahmenbedingungen für den Naturschutz in NRW verbessern. Konkret heißt das, mehr Geld für den Naturschutz bereitstellen, die Naturschutzbehörden personell besser ausstatten und die letzten Rückzugsräume für die Natur konsequent sichern“, so die NABU-Landesvorsitzende weiter.
Seit Jahrzehnten wird der Schutz der Natur in NRW zudem in großen Teilen auch vom ehrenamtlichen Naturschutz getragen. Ein Beispiel für das Engagement des Ehrenamts, der im Naturschutzbericht des Landes nicht einmal erwähnt wird, ist der Schutz des Wanderfalken in Nordrhein-Westfalen. Dank des seit drei Jahrzehnten konstanten Einsatzes der AG Wanderfalkenschutz im NABU NRW hat sich der Bestand der Wanderfalken heute erholt, bleibt aber weiter von Schutzbemühungen abhängig. Mehrere Dutzend Aktive kümmern sich daher weiterhin um Nisthilfen an geeigneten Standorten, beringen Jungvögel, werten gesammelte Daten wissenschaftlich aus, bewachen Horste und kämpfen gegen illegale Greifvogelverfolgung.
„Ohne das vielfältige ehrenamtliche Engagement für die Natur wäre es um den Artenschutz in Nordrhein-Westfalen eindeutig schlechter bestellt“, erklärte Naderer. Aber auch der ehrenamtliche Naturschutz gerät angesichts des sich rasant entwickelnden Artenschwundes an seine Grenzen. „Das große Artensterben können wir mit unserem ehrenamtlichen Engagement allein kaum aufhalten, nur abmildern. Hier braucht es dringend ein konsequentes Handeln des Landes.“