Zwei Prozent Wildnis in NRW möglich
Naturschutzverbände legen Studie vor
27. Mai 2022 - Die nordrhein-westfälischen Naturschutzverbände BUND und NABU erwarten von der kommenden Landesregierung deutliche Akzente für den Naturschutz in Nordrhein-Westfalen. So müssen auf zwei Prozent der Landesfläche großflächige Wildnisgebiete ausgewiesen werden, damit sich die Natur dort ohne direkten menschlichen Eingriff entwickeln kann. Dass dies in Nordrhein-Westfalen machbar ist, zeigt die jetzt von BUND und NABU vorgelegte Studie. Beide Verbände forderten CDU und Die Grünen auf, dies bereits in den laufenden Sondierungsgesprächen zu berücksichtigen. Auch angesichts von 2 % der Landesfläche, die für Windenergieanlagen einzuplanen sind, sei das 2-Prozent-Wildnis-Ziel plausibel.
Wildnisgebiete sind mindestens 1.000 Hektar groß und möglichst frei von Infrastruktur. Die Nationale Biodiversitätsstrategie sah vor, bis zum Jahr 2020 auf zwei Prozent der Landesfläche Deutschlands solche von menschlicher Nutzung weitestgehend freien Flächen zu entwickeln. Aktuell sind es bundesweit 0,6 Prozent, in Nordrhein-Westfalen sogar nur 0,2 Prozent. Eine von BUND und NABU begleitete Recherche zeigt auf, dass es auch in Nordrhein-Westfalen möglich ist, auf 2 Prozent der Landesfläche großflächige Wildnisgebiete zu etablieren – und das alleine auf Flächen der öffentlichen Hand.
Dr. Heide Naderer, Vorsitzende des NABU Nordrhein-Westfalen: „Zwei Prozent der Landesfläche soll für die Windkraft-Nutzung reserviert werden. Von daher ist es naheliegend, der Natur auf ebenfalls zwei Prozent der Landesfläche den uneingeschränkten Vorrang zu geben – und zwar in großen und zusammenhängenden Gebieten. Dieser Schutz muss auch langfristig abgesichert werden, beispielsweise indem die Wildnisflächen in eine noch zu gründende Naturerbe-Stiftung des Landes eingebracht und damit dauerhaft vor einer Privatisierung geschützt werden“
Holger Sticht, Vorsitzender des BUND Nordrhein-Westfalen: „Der große Erfolg des Nationalpark Eifel mit 1,1 Millionen Besuchern allein im Jahr 2021 zeigt wie groß der Wunsch der Bevölkerung nach natürlichen Erholungslandschaften ist. Die neue Landesregierung muss deshalb gemeinsam mit den Kommunen und Landkreisen ein Konzept für ein Netz großflächiger Wildnisgebiete entwickeln und umsetzen. Dabei muss das Land wichtige Schlüsselflächen in die Wildnisentwicklung einbringen.“
Nachdem die schwarz-gelbe Vorgängerregierung die Biodiversitätskrise weitgehend ignoriert habe, sei Nordrhein-Westfalen in der kommenden Legislaturperiode in besonderem Maße gefordert, einen substanziellen Beitrag zum Schutz der Biodiversität zu leisten. Die Ausweisung von Wildnisgebieten wäre ein wichtiger Schritt dies zu erreichen. Nur wenn wir hier wieder Wildnis zulassen, können wir glaubwürdig von ärmeren Ländern der Welt den Schutz ihrer Regenwälder, Savannen und anderer Wildnisflächen erwarten, mahnten die Naturschutzverbände.
Hintergrund:
Großflächige Wildnisgebiete erfüllen vielfältige Funktionen für den Menschen und die Natur: Nur hier können sich Arten und Lebensgemeinschaften an Veränderungen wie z.B. den Klimawandel anpassen, ohne durch Land- und Forstwirtschaft zusätzlich unter Druck zu geraten. Moore, Auen und alt werdende Wälder speichern enorme Mengen CO2 und schützen so nicht nur Siedlungen vor den Folgen des Klimawandels. In Wildnisgebieten lässt sich lernen, wie Natur sich ohne menschliches Zutun entwickelt. Das bringt wertvolle Erkenntnisse auch für unseren Umgang mit genutzter Landschaft. Zudem bieten sie ein Gegengewicht zur stark genutzten Kulturlandschaft und werden zu immer attraktiveren Erholungslandschaften.
Nordrhein-Westfalen verfügt über zahlreiche ausgedehnte Waldgebiete, in denen vielfach auch die öffentliche Hand – der Bund, das Land oder Kommunen – über große zusammenhängende Flächen verfügen. Ein erheblicher Teil dieser Flächen dürfte sich auch für Wildnis eignen. Über die Kernzone des Nationalparks Eifel hinaus müssten knapp 62.000 ha als Wildnisgebiet gesichert werden, damit das Land Nordrhein-Westfalen das bundesweit gültige Zwei-Prozent-Wildnisziel erfüllt. Ein ambitioniertes, aber nicht unerreichbares Ziel.
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Für Rückfragen:
NABU NRW: Dr. Heide Naderer, Vorsitzende, Tel.: 0211-15 92 51 41, Heide.Naderer@NABU-NRW.de
BUND NRW: Holger Sticht, Vorsitzender, Tel.: 0152 / 34 28 95 94, Holger.Sticht@BUND.net