NABU verurteilt Kampagne der Taubenzüchterverbände zur Verfolgung von Wanderfalken
Bevölkerung wird gebeten, Verdachtsfälle von Greifvogelverfolgung zu melden
20. Juni 2016 - Wie alle Greifvogelarten sind auch Wanderfalken nach dem Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt. Fangen oder Töten durfte man Wanderfalken deshalb schon lange nicht mehr, auch wenn sie erst im Mai 2015 mit In-Kraft-Treten des novellierten Landesjagdgesetzes endgültig aus der Liste der jagdbaren Arten für Nordrhein-Westfalen gestrichen wurden. Dennoch häufen sich in diesem Jahr beim Wanderfalken Verdachtsfälle illegaler Verfolgung. Der NABU verurteilt dies auf das Schärfste und fordert die Bevölkerung auf, jeden Verdachtsfall illegaler Verfolgung sofort zu melden
So verschwand Anfang Mai das komplette Wanderfalkengelege aus einem Nistkasten in einem Kirchturm in Lüdinghausen im Kreis Coesfeld. Zuvor erreichte ein anwaltliches Schreiben eines benachbarten Taubenzüchters die Kirchengemeinde, mit dem sie aufgefordert wurde den Brutkasten der Tiere zu entfernen. Auch in weiteren Wanderfalken-Revieren im Münsterland und im Ruhrgebiet verzeichnete die AG Wanderfalkenschutz (AGW) im NABU NRW in diesem Jahr Verluste, die aus Sicht der Wanderfalkenschützer in diesem Umfang bislang nicht beobachtet wurden und ´biologisch nicht erklärbar seien´.
Im Fall des verschwundenen Geleges von Lüdinghausen wurde Anzeige erstattet, denn jeder Fall illegaler Verfolgung müsse konsequent strafrechtlich verfolgt werden. „Der Wanderfalkenbestand hat sich dank der ehrenamtlichen Arbeit der AGW über einen langen Zeitraum kontinuierlich auf einen stabilen Bestand erholt. Eine zunehmende Verfolgung durch den Menschen stellt für die Gesamtpopulation wieder eine ernste Gefahr dar“, so Stephanie Krüßmann, Sprecherin der AGW. Eierentnahme sei dabei nur ein illegales Vorgehen der Straftäter. Beim Wanderfalken kämen Vergiftungen mit so genannten Kamikazetauben vor. „Das sind Zuchttauben, die man mit Gift bestrichen fliegen lässt. Werden sie von Wanderfalken geschlagen und gefressen verenden diese qualvoll an der tödlichen Giftdosis“, erklärt Krüßmann. Fallenfang, Abschuss und Horstzerstörung seien weitere Methoden der Greifvogelverfolgung.
Von 2005 bis 2015 habe es in NRW 455 registrierte Fälle illegaler Verfolgung gegeben, im Durchschnitt also 41 Fälle pro Jahr. Die jährlichen Fallzahlen schwanken zwischen 20 und 71 Fällen. In diesem Jahr seien bereits 16 Fälle illegaler Verfolgung bekannt geworden. Bei den bekannt gewordenen Fällen handelt es sich aber nur um die Spitze des Eisberges. Experten gehen davon aus, dass maximal 10% der tatsächlichen Straftaten bekannt werden.
Häufig seien Taubenzüchter in Fälle illegaler Verfolgung von Habicht und Wanderfalke verwickelt, da sie in diesen Arten eine Gefahr für ihre Brief- oder Zuchttauben sehen. Mit allen Mitteln versuchen die Verbände der Deutschen Brieftaubenzüchter und des Verbandes Deutscher Rassetaubenzüchter seit Monaten gegen die ihnen ´verhassten` Vögel vorzugehen. Unterstützung finden sie dabei beim Bund Deutscher Rassegeflügelzüchter. Bereits Anfang des Jahres forderten die Verbände in einem bundesweiten Schreiben an die Ministerpräsidenten der Länder die Dezimierung der Bestände von Habicht, Sperber und Wanderfalke. Diese Arten würden gravierende Verluste bei den Rassetauben und Rassegeflügel verursachen. Auf Grund des strikten gesetzlichen Schutzes laufen alle diese Anstrengungen allerdings ins Leere. Dies gilt auch für die Aufforderung an die Mitglieder der Taubenzuchtvereinigungen bei Unteren Landschaftsbehörden in NRW Ausnahmen für Fang, Tötung oder die Entfernung von Brutplätzen zu erreichen.
Josef Tumbrinck, Vorsitzender des NABU NRW, verurteilt das Vorgehen der Taubenzüchter auf das Schärfste. Es zeuge von wenig Respekt gegenüber Natur- und Artenschutzrecht, von dem Respekt gegenüber heimischen Lebewesen ganz zu schweigen. Tumbrinck: „Der NABU fordert die Taubenzüchter deshalb auf, ihre Kampagne gegen diese geschützte Arten zu beenden und den rechtliche Schutz zu akzeptieren. Dieses aussichtslose Vorgehen der Verbände erzeuge wegen seiner Erfolglosigkeit nur noch mehr Frust bei den Züchtern“. Vielmehr müssten die Züchter überlegen, wie sie ihre Tiere entsprechend schützen könnten. Abgeschlossene Gehege und Netze wie in der Rassegeflügelzucht seien da ein gutes Beispiel. An die Bevölkerung appellierte Tumbrinck, jeden Verdachtsfall von Greifvogelverfolgung dem NABU oder dem Komitee gegen den Vogelmord zu melden.
Ausführliche Infos zur Greifvogelverfolgung in NRW, wie man sich in einem Verdachtsfall richtig verhält und wer in einem solchen Fall zu informieren ist, finden sich in dem Leitfaden „Illegale Greifvogelverfolgung - Erkennen, Bekämpfen, Verhindern“.
Für Rückfragen:
Josef Tumbrinck, NABU-Landesvorsitzender, mobil: 0171 3867379
Leitfaden Greifvogelverfolgung
Greifvogelverfolgung ist eine Straftat und muss konsequent verfolgt werden. Um Bürgern, Ermittlungsbeamten und Behörden eine Hilfe an die Hand zu geben, haben das Komitee gegen den Vogelmord, die NWO und der NABU einen Leitfaden für NRW veröffentlicht.
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