Schmalflügel-Weißlinge
Leptidea sinapis (LINNAEUS, 1758) und Leptidea reali (REISSINGER 1989)
Leptidea sinapis (LINNAEUS, 1758) und Leptidea reali (REISSINGER 1989)
Soweit dies nicht explizit anders erwähnt, betreffen alle Angaben beide Arten des "Zwillingsartenpaares". Dies gilt auch für die ökologischen Angaben.
Synonyme
Lichtwald-Weißling, Senf-Weißling, Tintenfleck(-Weißling)
Leptidia sinapis, Leucophasia sinapis
NL: Boswitje
UK: Wood White
Stellung im Tierreich
Familie: Weißlinge i. w. S. (Pieridae)
Unterfamilie: Leguminosen-Weißlinge (Dismorphiinae)
Maße
Flügelspannweite: ca. 20 mm
Kennzeichen
Als Schmalflügel- oder Tintenfleck-Weißling sehr einfach anhand der schmalen, libellenartigen Flügelform, des schwarzen Spitzenfleckes auf den Vorderflügeloberseiten und des "unförmigen" Flugbildes zu erkennen. Die beiden Zwillingsarten sinapis und reali zu trennen, ist nach derzeitigem Kenntnisstand nur sicher anhand der weiblichen Genitale möglich (siehe dazu Freese 2005). Daneben können äußerliche Merkmale als Hinweise dienen (ebd.): Männchen können bei deutlicher Ausprägung des schwarzen Apikalfleckes (v. a. in der Frühjahrsgeneration) wie folgt unterschieden werden: reali-Männchen weisen einen konkaven, sinapis-Männchen einen konvexen Apikalfleck auf. Fehlen einem Weibchen die Apikalflecken fast vollständig, so dürfte es sich um sinapis handeln. In beiden Geschlechtern deuten völlig weiße Hinterflügelunterseiten auf sinapis hin.
Faunenelement, Verbreitung
nordmediterran;
Ganz Europa (außer der Nordseeküste, im Norden Skandinaviens und der Britischen Inseln).
Gefährdungseinstufung
Global....Europa....Deutschland....NRW..................Großlandschaften in NRW...........
..................................................................................I.....II.....IIIa.....IIIb.....IV.....V.....VIa.....VIb
.....*..............*.....................V...................1..............0.....1.....0.........-........1.....2.......1........-...
Erläuterungen der Großlandschaften und Gefährdungsgrade
Schutzstatus
Nicht geschützt nach Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG), nicht in Anhang 1 der Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV).
Schutzmaßnahmen
Erhalt magerer Wiesen und Raine.
Schwerpunktlebensraum
Die Art bewohnt sonnige bis fleckenschattige Saumhabitate an Wald-, Gehölz-, Wiesen oder Wegrändern, in lichten Wäldern (Lichtungen, Wege, Schneisen etc.), auf Magerrasen sowie an Böschungen und Dämmen. Nach einigen Autoren soll reali wärmeliebender sein (z. B. KRISTAL & NÄSSIG 1996, GÖHL & BUCHSBAUM 1997) und häufiger an warmtrockenen Standorten anzutreffen ist. Jedoch können beide Arten auch sympatrisch (= in den gleichen Habitat) vorkommen.
Biologische Klassifikation
Verschieden-Biotopbewohner
Ökologische Klassifikation
mesophile Art gehölzreicher Übergänge
Strategietyp
K-Strategie (Anpassungsstrategie)
Jahresrhythmus, Überwinterung
Fliegt in zwei Generationen von April bis Juni und im Juli und August. Partiell kann auch eine 3. Generation mit frischen August- und Septembertieren auftreten. Phänologische Unterschiede zwischen den Zwillingsarten sind bisher unbekannt.
Überwinterung als Puppe.
Lebensdauer
Die Falter leben durchschnittlich 12 Tage (BINK 1992).
Besonderes Verhalten
Die Männchen fliegen auf der Suche nach unbegatteten Weibchen alle weißen Flugobjekte an (patrolling). Einem solchen setzt sich das balzende Männchen dann gegenüber und umkreist den Kopf des Weibchens mit dem Rüssel. Das Weibchen wiederum signalisiert Bereitschaft zur Kopula, in dem sie ihr Abdomen dem Männchen entgegenstreckt. Bereits begattete Weibchen verhalten sich quasi monogam, eine weitere Kopula wird nicht eingegangen (SBN 1994).
Falternahrung
Die Falter scheinen je nach Angebot eine Vielzahl an Nektarpflanzen zu besuchen, v. a. werden auch die Eiablagepflanzen Hornklee (Lotus), Wicke (Vicia) oder Platterbse (Lathyrus) zum Nektarsaugen genutzt.
Raupennahrung
Die Raupen beider Arten leben an Schmetterlingsblütlern (Fabaceae), da bisher kaum eineindeutige Nachweise erbracht wurden, bleibt es spekulativ, ob bestimmte Fabaceen unterschiedlich von den beiden Arten genutzt werden. Nach KRISTAL & NÄSSIG (1996) nutzt reali v. a. Platterbsen (Lathyrus) und sinapis könnten Beobachtungen an Hornklee und Wicke zugeschrieben werden. Erheblicher Forschungsbedarf!
Wirtspflanzenliste
Eiablage
Die Eier werden einzeln, meist auf die Blattunterseiten der Wirtspflanzen abgelegt (WIKLUND 1977). Vermutlich bestehen im Ablageschema aber Unterschiede zwischen den Zwillingsarten.
Verpuppung
Die Raupe wandert nach ASHER et al. (2001) ab und verpuppt sich an (herunterhängenden) Zweigen oder (Gras-)Blättern (oder nach SBN 1994 an Pflanzenstängeln) in 20 bis 40 cm Höhe über dem Boden.
Wissenswertes
Dismorphiinae bedeutet frei übersetzt "Missgestaltete", was auf die ggü. anderen Schmetterlingen sehr klein ausgebildete Mittelzelle der Flügel hinweist. Dieser Umbildung wird auch der "wackelige" Flug zugeschrieben. In den letzten Jahren scheint die Zwillingsart auch in NRW wieder häufiger zu werden (z. B. ADAM 2001), wobei meist nicht zwischen reali oder sinapis unterschieden wird. Oft wird einfach sinapis angenommen, eigene Erkenntnisse bestätigen jedoch reali für viele Regionen (z. B. Rodderberg bei Bonn, Urfttal bei Nettersheim). Die Art Leptidea reali wurde erst 1988 durch Réal aus Südfrankreich beschrieben und von Reissinger 1989 umbenannt. Seitdem wurden in zahlreichen europäischen Ländern reali nachgewiesen (KRISTAL & NÄSSIG 1996).
Literatur
ASHER et al. (2001), BERGMANN (1952), BFN (2004), BINK (1992), DUDLER et al. (1999), EBERT & RENNWALD (1993), FREESE(2005), GÖHL & BUCHSBAUM (1997), HERMANN (1999), KARSHOLT & RAZOWSKI (1996), KRISTAL & NÄSSIG (1996), LEOPOLD (2001), PRETSCHER (1998), SBN (1994), SCHMITT (1999, 2000), SETTELE et al. (1999), TOLMAN & LEWINGTON (1998), ULRICH (2000), VARGA (1977), WARREN (1984), WEIDEMANN (1995), WIKLUND (1977)
Literaturverzeichnis
Bearbeitung
Patrick Leopold